Robert Heel und Eva-Maria Offermann bei General Public

von Julia Wirxel (Berlin)

 

„Aufzug oder Treppe?“ lautet der Titel der Mappe von Eva-Maria Offermann mit 12 Plakaten. Es geht hier nicht um Entscheidungsfindungen von Kollegen nach dem Mittagessen in der Kantine oder die Überlegung, wie man effizient sportliche Betätigung in den Arbeitsalltag integriere, um ein paar Kalorien zu verbrennen. Es geht um ökologische und ethische Fragestellungen: Um den eigenen Fingerabdruck im Klimawandel. Wieviel an Energieressource kann man bewahren, wenn man anstatt den Aufzug zu bemühen, die Treppe benutzt und seine eigene Körperkraft einsetzt. Oder alternativ die Rolltreppe nicht nutzt. Und dies trotz der Tatsache, dass heute die Schnelligkeit und Effizienz einer Gesellschaft oder einer Stadt an ihrer Geschwindigkeit gemessen wird und and der Bereitschaft ihrer Bewohner, eine Rolltreppe während des Fahrens hochzulaufen.

Eva-Maria Offermann
Eva-Maria Offermann: Fortschritt
Eva-Maria Offerman: Co2

Eva-Maria Offermann hat auch ihr eigenes künstlerisches Tun unter die Lupe genommen. So wie sie auf die Luftverschmutzung hinweist und saubere, erneuerbare Energien als erstrebenswert aufzeigt, so hat sie errechnet, was die Herstellung des von ihr verwendetes Papiers, die Produktion der Siebdruckfarben und der Prozess des Druckens selbst an C02-Ausstoß verursachte: 400 kg. Diese Auswirkungen auf die Umwelt hat sie bei atmosfair ausgeglichen und quasi neutralisiert.

Eva-Maria Offermann: Ressourceneffizienz
Eva-Maria Offermann: Gesellschaftsvertrag

„Dinge länger nutzen“ steht slogangleich auf einem anderen Plakat, das „Ressourceneffizienz“ betitelt ist. Die Farben und Art der Gestaltung erinnern an einen Markt für Unterhaltungselektronik, der den Konsumenten zum Geiz anmahnt – allerdings geht es in diesem Geiz nicht darum, Dinge länger zu nutzen und kein neues „Ding“ zu kaufen, sondern im Gegenteil, weitere und neue Dinge zu erstehen, um dabei angeblich zu sparen. Dabei wurden Glühbirnen schon immer so konzipiert, dass sie weit unter ihrer möglichen Lebensdauer bleiben oder Kaffeemaschinen nach der Ein-Jahres-Garantie auseinanderfallen. Auf ästhetisch vielfältige Weise greift Eva-Maria Offermann in ihren Plakatdrucken Gedanken auf, die einer weiten Verbreitung bedürfen. Somit steht sie in der langen Tradition der politischen Aussage von Plakaten, Flyern, Handzetteln, Aufklebern. Die Möglichkeit zur Vervielfältigung ist diesen Medien eingeschrieben.

Robert Heel: Installationsansicht
Robert Heel

Umrahmt werden die Plakate von den Märchenwaldbildern Robert Heel. Im ersten Raum sind Papierarbeiten zu sehen, die mit Hilfe von Schablonen entstanden sind. Auf einer anderen Wand sind dieselben Waldtiere in schwarz-weiß einzeln auf – aus Berlin nicht mehr wegzudenkende – Stoffbeutel aufgetragen: Uhu, Dachs, Luchs, Specht und Fuchs. Sie hängen vor einer Waldlandschaft und können jederzeit verkauft werden, der Wald steht damit quasi vor dem Ausverkauf. Nach Bedarf kann man dazu mit einem Eichhörnchennussknacker in pinkfarbenen Signalton Nüsse knacken. Der Besucher imitiert das Leben im Wald selbst, im Ausstellungsraum, mit einem leblosen Eichhörnchen. Zur künstlichen Szenerie der im Wald als Taschen baumelnden Tiere ertönt der künstlich-echte Sound des Wallnussknackens von Menschen. Diese Aktion war ein Teil der Performance zur Eröffnung. Teil zwei spielte sich im hinteren Bereich des nächsten Raums ab. In einer weiteren Waldkulisse trat Heel musikalisch auf und erfreute das Publikum mit einem grafischen Konzert: „Ich möchte ein Eichhörnchen sein“, war die einzige Songzeile. Am kommenden Tag ertönen als eine Art Relikt Käuzchenrufe aus den Lautsprecherboxen.

Robert Heel: Installationsansicht

Der Projektraum General Public gründete sich 2005 als Verein. Das achtjährige Bestehen des Raums ist etwas besonderes, wenn man die hohe Fluktuationsrate von Off-Räumen in Berlin bedenkt. Manche bestehen für einen Abend, eine Ausstellung oder ein Jahr. Aber hier ist die Hälfte der Gründungsmitglieder noch aktiv und die Entscheidung zum Programm verläuft auf harmonische Weise basisdemokratisch, was ebenfalls eher eine Ausnahme und nicht die Regel ist. Zur aktuellen Ausstellungseröffnung erschien ein brasilianischer Künstler, der sich einen Monat in Berlin aufhält und gezielt auf General Public zukam, um eine mögliche Zusammenarbeit vorzuschlagen. Auch daran sieht man, wie sich Bedeutung und Glaubwürdigkeit niederschlagen können.

Robert Heel

Mit dem Preis zur Auszeichnung künstlerischer Projekträume und –initiativen, mit dem General Public / DISK Initiative Bild & Ton e.V. – und auch andere Off-Räume in Berlin – vom Senat gewürdigt wurden (immerhin 30.000 € pro Raum), wird sehr überlegt umgegangen. Zunächst sollte es –  als Kritik des Desasters der Kunst-, Künstler- und Raumförderung, ausgelöst durch „Based in Berlin“ – in schicke Schuhe zur Preisverleihung investiert werden… Absolut wünschenswert sind mindestens acht weitere Jahre mit einem engagierten Programm, ganz gleich wie das Preisgeld investiert werden wird. Eine gute Lösung wird sicherlich gefunden werden.

Tolle Aussichten – 2013 in der Perisphere

von Florian Kuhlmann und Emmanuel Mir

 

Wir sind stolz. Stolz über ein Projekt, das gerade seinen zweiten Geburtstag gefeiert hat und seit 2011 langsam aber stetig – und vor allem: schön – wächst. Das Interesse an Perisphere nimmt sichtbar zu und wir sind für den Zuspruch und das Feedback sehr dankbar. Beim Launch der Seite, haben wir uns damals vorgenommen, die Entwicklungen der Düsseldorfer Off-Szene redaktionell zu begleiten und ab und an einen Blick in die Projekträume aus Köln, Berlin oder Hamburg zu werfen. Das tun wir, weil wir in diesen subkulturellen Biotopen einen Humus der jungen, experimentellen Kreation sehen – deutlich spannender und wegweisender als manche Blasen der kommerziellen Galerieszene.

An dieser Ausrichtung wird sich künftig nichts ändern. Wir bleiben die begeisterten und zugleich kritischen Zeugen der autonomen Kunstszene. Aus Überzeugung. Nach einer kleinen Pause am Anfang des Jahres werden weiterhin Ausstellungsrezensionen der Schwerpunkt unserer Arbeit bilden. Aber neben dieser Beobachterrolle möchten wir für 2013 aktivere Posten übernehmen – also nicht nur kommentieren sondern auch gestalten.

So soll in den kommenden Monaten eine neue Veranstaltungsreihe in die Welt gesetzt werden. Sie heißt Gespräche aus der Perisphere, soll drei bis fünf Mal pro Jahr in verschiedenen, ausgewählten Projekträumen stattfinden und besteht, wie der Name schon sagt, aus Unterhaltungen mit Künstlern. Bevor sie in Videoform auf unserer Seite übertragen werden, ereignen sich die Gespräche in der Öffentlichkeit und ermöglichen eine konkrete Auseinandersetzung mit den ausgestellten Werken.

Apropos Öffentlichkeit: Florian Kuhlmann hat einen Büro in Friedrichstadt bezogen (es handelt sich um die ehemaligen Räumlichkeiten der Galerie Claudia Simon auf der Kirchfeldstraße) und will dort regelmäßig eine Digitale Soirée veranstalten. Das Format ist an sich offen; der Schwerpunkt liegt auf Netzkunst und Hacktivism – Disziplinen, die in der Kunststadt Düsseldorf noch keine Rolle spielen und nun verstärkt verterten werden sollen.

Dass die Hauptakteure von Perisphere sich vom Kunst-Mainstream abwenden und sich Randerscheinungen widmen beweist nicht nur Kuhlmanns Digitale Soiree sondern auch das nächste Ausstellungsprojekt von Emmanuel Mir. Anfang Juni eröffnet in der Hans Peter Zimmer Stiftung „Petites résistances – Rebellion als Kunstform“, eine internationale Gruppenausstellung, die auf subversive und aktivistische Positionen der Interventionskunst eingeht. Die Ausstellung blickt unter anderem auf das Phänomen des Urban Hacktivisms und wird von einem Workshop mit Künstlern und Theoretikern begleitet.

Wer mit Aktivismus nichts anfangen kann und die (Kunst- und Medien)Welt lieber von seiner Stube aus verstehen will, kann sich demnächst auf die Vorlesungen von Hans Ulrich Reck freuen und dieses intellektuelle Juwel genießen. Reck, einer der führenden Kunstforscher Deutschlands und eine enzyklopädisch gebildete Koryphäe im Bereich der Medientheorie und der Ästhetik, macht uns die Ehre, seine Vorlesungen aus der KMH Köln zur Verfügung zu stellen. Eine Auswahl des Materials werden wir bearbeiten und als Reihe online stellen.

 

Da haben wir uns also etwas vorgenommen. Dabei handelt es sich hier um die festen Pläne. Welche unerwartete Entwicklungen und spontane Ideen noch zwischenzeitlich kommen können, sind ja nicht absehbar. Und wir sind weiterhin für jede sinnstiftende Schandtaten zu haben. Wir freuen uns auf Kooperationen aller Art. Wir freuen uns auf Ausstellungsrezensionen aus der ganzen Republik. Wir freuen uns auf Künstler, die das Blogformat als autonome Kunstform nutzen wollen. Wir freuen uns auf Ideen, die wir gar nicht haben können. Im Sinne von John Cage: We welcome whatever happens next.

 

Das könnte also heiter werden…

 

Gallery Opening in Düsseldorf Flingern

von Florian Kuhlmann (Düsseldorf)

Letztes Wochenende, gemeinsames Gallery Opening in Düsseldorf Flingern – der Name ist Programm. Wer von auswärts mit liest und Flingern nicht kennt, der stelle sich bitte einfach Berlin Mitte vor, allerdings nicht nur komplett durchsaniert sondern in der Zusatzvariante völlig tote Hose.
Aber warum trotzdem nicht einmal aus nächster Nähe sehen was man in der WZ derzeit unter dem Zentrum der Avantgarde-Händler versteht.

Eine fantastische Fotostrecke wollte ich mitbringen. Bilder mit weltklasse Kunst die unseren Lesern die Tränen in die Augen treiben und sowohl Spitzenhöschen als auch Feinrippbuchse nass machen. Ich war guter Dinge!

Leider wurde nichts draus.

Die mehrheit der Bilder und Artefakte konnten nicht überzeugen, das allermeiste war selbst für unsere Verhältnisse zu off, geradezu offoff eigentlich. Eine der wenigen Ausnahmen Gregor Schneider – aber Schneider ist eben Schneider – mit einem einfachen und nachhaltig beeindruckenden Video seines Indienprojekts.

Gregor Schneider war in Indien und hat unter anderem ein Video mitgebracht. Ein Bild wie eine Faust. Respekt!

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Sven Blatt im Interview mit Anthony Cragg

Tony Cragg Declination

Das Interview mit Anthony Cragg ist schon etwas länger online und ich wollte schon die ganze Zeit einmal darauf hingewiesen haben. Aber zwischen den Jahren machte sich so eine überaus angenehme Faulheit und Antriebslosigkeit breit. Der Kollege Sven Blatt von kunstdüsseldorf wird es uns nach sehen, immerhin zum Lesen hat es gereicht.

Nach einem etwas holprigen Anfang nimmt das Gespräch gut Fahrt auf und was Cragg über künstlerischen Erfolg zu sagen hat ist nicht nur sympathisch sondern auch vernünftig. Darüber, dass sich eine solche Haltungen natürlich sehr viel einfacher einnehmen lässt wenn sich der künstlerische Erfolg bereits auf allen Fronten eingestellt hat liesse sich eventuell diskutieren. Wir sparen und das, weil wir auch renommierten Künstler das Recht zu gestehen etwas kluges zu sagen. Und am Besten lest Ihr sowieso einfach selbst.

Zum Interview mit Prof. Anthony Cragg, Rektor der Kunstakademie Düsseldorf und international
renommierter Bildhauer.

PS: Frohes neues Jahr und alles gute für 2013! Lasst es Euch gut gehen.

 

Bild: von Bengt Oberger (Eigenes Werk)
[CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)],
via Wikimedia Commons

„Brachial Sensibel“ im Studio Roh

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

 

Im Norden des Düsseldorfer Hauptbahnhofs, um den Worringer Platz herum, wimmelt es mittlerweile vor Projekträumen, Ateliers und mehr oder weniger kurzfristig angelegten Kunstinitiativen. Weiter im Süden, um den Mintropplatz herum, eingequetscht zwischen Bahnbrücke, Table-Dance-Läden und den Ausläufern des marokkanischen Viertels, wurde vor kurzem ein Gegengewicht geschaffen, das erste Off-Projekt in diesem zentralen Stadtteil. Dort haben sich Rebekka Benzenberg und Oliver Blumek etabliert und ihre Wohnung zu einer Art work in progress gemacht. Die beide haben sich in der Klasse Gostner in der Kunstakademie kennengelernt. Binnen weniger Monate hatten sie ein neues Zuhause bezogen und gleichzeitig ein Projekt definiert, das unter der Bezeichnung „Studio Roh“ läuft. Es ist also mehr als eine Wohnung – es ist zugleich ein Ort des Lebens, des Arbeitens und der öffentlichen Begegnung. Die erste Ausstellung sollte ein Zeichen setzen und programmatischen Wert haben. Mit „Brachial sensibel“ zeigten die zwei Künstler ihre eigenen Arbeiten und gaben den Ton an.

Blick im „Wohnzimmer“
Im Hintergrund: Ein Bild von Rebekka Benzenberg

Die Küche ist ein hart beleuchteter Getränke-Ausschank, bestückt mit Bildern und einem Sofa. Das Wohnzimmer mit den breiten Fenstern gilt als größter Ausstellungsraum und ist für großformatige Gemälde geeignet – am Eröffnungsabend wurde hier auch getanzt. Das Schlafzimmer ist in ein Installationskabinett verwandelt worden, getaucht in krankes gelbes Licht. Diese Atmosphäre der Semi-Öffentlichkeit ist, abgesehen von den jeweiligen Projekten von Sebastian Riemer und Tanja Goethe, eine Seltenheit in der Düsseldorfer Kunstszene. Auch die Grundhaltung des Betreiberpaares klingt zunächst unüblich – eine Mischung aus unverfrorener, sich nicht um die Regeln des Kunstbetriebes scherender Begeisterungsfähigkeit und pubertärer Naivität. Beide Bestandteile dieser Mischung besitzen eine willkommene Frische, die immer noch wärmer als die Coolness mancher Off-Akteure ist.

Rebekka Benzenberg

Der Titel „Brachial Sensibel“ beschreibt ganz gut die Ambivalenz, die Benzenberg und Blumek interessiert. „Wir suchen etwas, das zugleich hitzig und weich ist“, kommentierten die Künstler. „Es soll sehr gefühlsbetont werden. Die Kunstszene erscheint uns zu künstlich, zu fern von den Menschen.“ Gute Absichten, die zunächst ein wenig abstrakt klingen. „Wir wollen zurück zu den Wurzeln!“, fahren die beide fort. „Zu welchen Wurzeln?“ frage ich. Da müssen sie ein wenig überlegen. Sie sind sich ihrer Sache sicher, hatten aber anscheinend noch nicht an eine Verbalisierung gedacht. „Die Wurzel ist die Emotion“, sagt dann Blumek. „Zurück zum Ich. Die Wurzel ist das Bewusstsein für das Gute und das Böse. Es ist eine moralische Vorstellung“.  Na so was. Sturm und Drang revisited?

Oliver Blumek

Nun, Eines muss ich zugeben: Mit einer Rückkehr der Romantik hätte ich niemals an diesem Ort gerechnet. Und das war ein Fehler von mir – denn, trotz des Abgangs des Malerfürsten Lüpertz und trotz des frischen Windes, der nun angeblich in der Kunstakademie wehen muss, ist der Hang zum romantischen Pathos eine tief in der künstlerischen Seele Düsseldorfs verbohrte Eigentümlichkeit, die sich nicht mal eben aushöhlen lassen kann. Von den Anfängen der Düsseldorfer Malerschule im frühen 19. Jahrhundert bis zum heutigen Tag ließe sich möglicherweise ein roter, gefühlsbetonter und affektiver Faden ziehen, der das Kolorit der lokalen Kunstszene bestimmt – für weitere interessante Dissertationsthemen, bitte bei der Redaktion melden.

Oliver Blumek
Oliver Blumek

Aber zurück zur Emotion. Und zurück zur Kunst. Benzenberg und Blumek haben eine Auswahl von ca. 25 Bildern getroffen, die vor allem in zwei Räumen hängen. Obwohl er eigentlich aus der Skulptur- und Installationskunst kommt, hat sich Blumek von seiner Partnerin „anstecken lassen“ und sich im Medium der Malerei ausprobiert. Es sind vielschichtige, abstrakte Bilder entstanden, die der Balance zwischen laschen, unkontrollierten und sehr präzisen Gesten nachgehen – und diese zum Teil auch finden. Elemente eines vitalen Action Painting mischen sich mit einem sensibleren Duktus, der verschiedene, sich widersprechende Raumtiefen schafft. Auch wenn diese Malerei viel verspricht und neugierig auf weitere Entwicklungen macht, ist sie noch längst nicht ausgereift. Man spürt hier deutlich, dass ein Künstler sich noch sucht und zwischen unterschiedlichen Formeln zaudert. Sich dieser Unfertigkeit zu stellen ist für den Maler-Neophyten ein mutiger Akt – und für den Außenbetrachter eine spannende Einsicht in ein entstehendes Werk.

Rebekka Benzenberg: Weltkarte
Rebekka Benzenberg

Rebekka Benzenberg beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit Malerei und ihre Bilder zeigen da eine andere Reife als die ihres Partners. Es sind meistens große Formate mit sehr verdünnten Farben, in denen die vielen Malschichten Motivansätze und schemenhafte Formen generieren. Die Laviertechnik, die dem Zufall viel Raum öffnet, ist mit großen Gesten durchgeführt. Die weichen Farbtöne, in Beige, Blau-Grau und mit Spuren von Lila und Alt-Rosa, erinnern an manche frühen Kompositionen von Graubner. Diese wässerigen, atmosphärischen Welten werden nicht selten von deutlichen schwarzen Blitzen gebrochen oder von entscheidenden Pinselspuren auseinandergerissen, bei denen die Präsenz des Körpers deutlich sichtbar wird. Die Expressivität der Informellen (man muss hier schon oft an Fred Thieler denken) bestimmt den Herstellungsmodus dieser Gemälde. Trotz einiger Referenzen, besitzt Benzenberg einen eigenständigen, ausdifferenzierten Stil, der nicht zur Neo-Neo-Geo-Malereiwelle der letzten Jahren passen will. Darüber hinaus probiert sich die junge Künstlerin in etwas gegenständlicheren Kompositionen aus, die wie Reminiszenzen an die Neuen Wilden wirken.

Der gelbe Raum war Objekten gewidmet, die Benzenberg und Blumek zusammen gestaltet haben. Da ließ sich die Malerin auf die dreidimensionale Arbeit ein, genauso wie der Bildhauer Oliver Blumek sich auf die Malerei eingelassen hatte. Das Ergebnis ist weniger überzeugend als die malerische Arbeit. Mit Hackfleisch gefüllte Nylonstrümpfe und Kondome hängen in verschiedenen Konstellationen und Inszenierungen im Raum, eine verschmutzte Matratze liegt da wie eine verschandelte Leiche, eine Pflanze ertrinkt im dreckigen Wasser. Körper, Sexualität, Tod, Gewalt. Die Symbolik ist alles in allem ein wenig zu grob. Die gewollte Atmosphäre wird zu einem Gruselkabinett.

Künftig soll sich das Studio der Außenwelt öffnen. Geplant sind Workshops, und zwar nicht nur im Bereich der Malerei sondern auch der Fotografie und der Mode. Die nächste Ausstellung findet am 2.3. statt; der Schwerpunkt soll diesmal auf Video liegen.