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km temporaer zeigt (n)on site

Non-Sites: Arbeiten im Ausstellungsraum aus ursprünglichen Rohmaterialien, dem Naturraum entnommen, der Ort ist beliebig
Sites: spezifischer Ort, gestalteter Naturraum

In der aktuell laufenden Ausstellung „(n)on site“ (24.5. – 14.6.2013) wird der Ansatz des Projektes km temporaer, zeitgenössische Positionen der analogen und digitalen Kunst in einem gemeinsamen thematischen Kontext zu präsentieren, mit der Intention, einen Dialog zwischen netzbasierter Kunst und klassischeren Kunstdisziplinen zu schaffen, fortgeführt.
Die künstlerischen Arbeiten reagieren auf das Thema Mapping und der zunehmenden Tendenz der stark objektiv-rationalen Wahrnehmung des realen Raumes durch Datenvisualisierung im Netz. In den Arbeiten werden gezielt Momente der Diskontinuität erzeugt, die aus diesen technischen Methoden eine poetische Ästhetik entstehen lassen und damit die Bindung des Menschen an räumliche Bezugssysteme offenlegt bzw. hinterfragt.

„What you are really confronted with in a Nonsite is the absence of the Site.. a ponderous and weighty absence“ (R. Smithson)

Der Titel der Ausstellung nimmt Bezug auf Robert Smithsons Dialektik der Orte (Sites) und Nicht-Orte (Non-Sites), mit der er die Karte in eine symbolische Sprache überführt. Nach Smithson konfrontiert der kartographische Blick stets das Abstrakte und das Reale, den Ort und die Delokalisierung zugleich.

In Anlehnung an Lev Manovich beschäftigt sich die Ausstellung auch mit dem Verhältnis von Analogie und Digitalität im modernen menschlichen Leben und wirft die Frage auf, inwiefern sich unsere Wahrnehmung von räumlicher Form verändert, wenn diese mit dynamischen und vielfältigen Multimedia-Informationen überzogen ist. (Schwinden die Sinne im Zuge der zunehmenden Medidatisierung? Kann Desorientierung in der technischen Dokumentation wirklich verhindert werden?)

Daniel Schwarz / juxtapose / 2012

„Juxtapose“ ist eine Serie von Gegenüberstellungen unbearbeiteter Satellitenaufnahmen zivilisationsferner Orte auf der Erde, die dem Internetdienst Google Maps entstammen. Simultan nebeneinander legen sie die poetische Kraft der Naturgewalt gegenüber rationalisierenden Technologien zur Dokumentation unserer Welt offen. Die unterschiedlichen Witterungszustände und Jahreszeiten auf den Fotos sind Störungen, die automatisch durch die Google Algorithmen bei Aktualisierung des Bildmaterials erstellt werden. Diese Diskrepanz hinterfragt den Einfluss der erweiternden Technologie auf unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit und enthüllt gleichzeitig das Scheitern, die Realität wiederzugeben.

Davide Cascio / Ikebana Arrangement / 2013

Das „Ikebana Arrangement“ ist Teil einer Serie von voluminösen collagierten Skulpturen, die auf die japanische Kunst der floralen Komposition Bezug nimmt. Der Künstler beginnt bei dieser Kunstform das Werk mit der Auswahl der Vase, welche als „Sockel“ die Inspirationsquelle und Basis für die weiterführende Kompostion darstellt. Davide Cascio thematisiert in seinen thronenden Skulpturen die Bedeutung des Sockels und dessen Beziehung zum Kunstwerk und schafft durch Überlagerung und Kreuzung verschiedener Materialoberflächen in seiner Installation ein antagonistisches Spannungsfeld zwischen Konstruktion und Dekonstruktion:
Prozesse, die ein Monument in ein Anti-Monument transponieren können. Richard Serras ortspezifische Skulptur „Titled Arc“ (1981), welche zunächst im Rahmen des „Art-in-Architecture program“ 1981 auf dem Federal Plaza in New York konstruiert und aufgrund von Protesten von der US-amerikanischen Regierung acht Jahre später wieder entfernt wurde, vollzog diesen Wandel in ein Anti-Monument.

“To relocate a work made for one particular site can be to destroy it. The viewer becomes aware of himself and of his movement through the plaza.
As he moves, the sculpture changes. Contraction and expansion of
the sculpture result from the viewer’s movement. Step by step the
perception not only of the sculpture but of the entire environment changes.”
Richard Serra: Art in America. September 1985.)

Diese Vorstellung Serras von einer untrennbaren Verbindung zwischen einer Skulptur im öffentlichen Raum und dessen Verortung verknüpft Cascio auf subtile Weise mit der japanischen Ikebana-Kunst, die ebenso wie Serras Skulptur für einen bestimmten Zeitraum und einen konkreten Ort existiert und lediglich in den Fotografien und Erinnerungen der Betrachter weiterlebt.

Julian Charriére / Panorama / ongoing

Julian Charriéres großformatige mutmaßliche Panoramaaufnahmen von Landschaften vereinen Abbilder einer ehrfürchtigen Naturkulisse mit visueller Abstraktion, die ihre wahre kunstvolle Inszenierung, den Prozess einer Transformation, zunächst nicht erahnen lassen. Mittels der visuellen Sprache der Landschaft experimentiert er, mit der Formbarkeit der Perspektive und schafft jenseits der natürlichen Existenz gestaltete Landschaftsmetaphern, die er in den urbanen Kontext einfügt. Die Titel der Werke offenbaren durch Koordinaten Interventionen des Künstlers an verschiedenen Baustellen in Berlin, die extrahierte Erde zur optischen Illusion einer alpinen Landschaft werden lassen. Irrealität und ausgesetzte Wirklichkeit münden in fotografischen Aufzeichnungen dieser kurzlebigen Landschaften im Maßstabssprung und werden mittels der digitalen Kartendarstellung von Google Maps verortet. Das Sichtbare, Existente, weicht auf diese Weise dem Unsichtbaren, das sowohl in den realen Straßen als auch in der digitalen Welt aufgespürt werden kann.

Trevor Lloyd / Untitled Landscape / 2011

„Untitled Landscape“ ist Teil einer Serie von Satellitenaufnahmen der Welt, die vom Künstler in analoger Handarbeit eliminiert wurde. Im Prozess des Übermalens der Erde mit Ausnahme von Leerstellen in Form von Wolken und Landflächen, kehrt Lloyd die sachlich abbildende Funktion der Satellitenaufnahme um und überführt sie in ein melancholisches Werk der Abwesenheit. Der Rezipient ahnt diese Tarnung unseres Planeten zunächst nicht, bleibt ihm doch nur ein dunkler ferner Sternenhimmel, der erst bei näherer Betrachtung durch die Reflexion der fluoreszierenden Tinte einen Hinweis auf dessen Wandlung gibt.

Nicolas Boillot / Isotopie / 2009

Nicolas Boillots Arbeit „Isotopie“ versucht das Phänomen einer stetig zunehmenden strukturellen und ästhetischen Gleichartigkeit des urbanen Raums sichtbar werden zu lassen. Dabei bezieht sich der Künstler auf Marshall McLuhans Konzept des „Global Village“, das die allumfassende Vernetzung im elektronischem Zeitalter und das daraus resultierende Zusammenwachsen der Welt zu einem globalen Dorf beschreibt. Diesen Prozess der Angleichung untersucht Boillot in der Architektur und Beschaffenheit der Städte und legt dabei Entgrenzungs-phänomene offen: In einer Projektion auf dem Boden reihen sich spiegelverkehrt Filmsequenzen von Plätzen, Landschaften und Gebäuden zweier Städte, Quebec in Kanada und Coustellet in Frankreich, aneinander.
Durch einen Umkehrprozess koexistieren Sequenzen dieser verschiedenen Orte, deren bildlicher Ablauf in entgegengesetzter Richtung erfolgt. Als Verknüpfungselement fungiert im Mittelpunkt des Projektionsbildes ein langes Band in Gestalt einer Asphaltstraße. Sie verkörpert einen fast identischen Raum, der kohärent in einer endlosen Reise zwei beziehungslose Raumzeiten miteinander verbindet.

Rick Silva / La Région Decentralized / 2012

„Juxtapose“ ist eine Serie von Gegenüberstellungen unbearbeiteter Satellitenaufnahmen zivilisationsferner Orte auf der Erde, die dem Internetdienst Google Maps entstammen. Simultan nebeneinander legen sie die poetische Kraft der Naturgewalt gegenüber rationalisierenden Technologien zur Dokumentation unserer Welt offen. Die unterschiedlichen Witterungszustände und Jahreszeiten auf den Fotos sind Störungen, die automatisch durch die Google Algorithmen bei Aktualisierung des Bildmaterials erstellt werden. Diese Diskrepanz hinterfragt den Einfluss der erweiternden Technologie auf unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit und enthüllt gleichzeitig das Scheitern, die Realität wiederzugeben.

Yuichiro Tamura / NIGHTLESS / 2010

Die Arbeit „Nightless“ ist ein Road Movie, der ausschließlich mit Bildern von Google Street View entstanden ist. Aus vermeintlich anonymen Aufnahmen zur Orientierung im Netz schafft der Künstler Yuichiro Tamura Bewegtbilder voller Subjektivität und kehrt auf diese Weise das funktionale Ursprungsmaterial um. Das Unbewusstsein der abgebildeten Menschen nutzt der Künstler, um eine narrative Ebene zu kreiieren, ohne dabei die Inhalte des Filmes selbst zu bestimmen. In der Ich-Erzählperspektive wandert der Protagonist durch Landschaften, überschreitet nationale Grenzen und nimmt den Betrachter mit auf eine Reise von Nebraska bis nach Chiba. Während die erste Hälfte des Films vom Künstler selbst auditiv überspielt wurde, nährt sich die andere Hälfte aus gefundenem Audio-Material von Youtube.

Daniel Schwarz / juxtapose / 2012
Julian Charriére / Panorama / ongoing
Simon Deppierraz / 2013 (Credits Joe Goergen)

Die Geschichte und Architektur des Ausstellungsraumes stellt stets die Grundlage für die Interventionen von Simon Deppierraz dar. Als physisch erfahrbare Installation gestaltete er einen fensterlosen Raum zu einem Schneegestürm als Bewegtbild und transponiert so eine Landschaft in die vorhandene Szenerie.
Die physische Präsenz des Ortes wird durch den möglichen Eingriff des Betrachters und der dynamischen Handlung ergänzt, sodass aus der Existenz eines Ortes ein Raum entsteht (Michel de Certeau). Die Ortsspezifität verflüchtigt sich mit der Begehung des Raumes und den aktiven Eingriffen durch die Besucher, was nicht nur auf visueller Ebene zur allmählichen Zerstreuung der Landschaft, sondern schließlich auch zur Auflösung der Verortung führt.

Simon Deppierraz / 2013 (Credits Joe Goergen)
eteam / 1.1 acre flat screen / 2004

„1.1 Acre Flat Screen“ zeigt die Bemühungen und Investitionen des Künstlerduos, über ein Jahr lang den Wert einer Fläche von 1,1 Hektar Wüstenland in Utah zu steigern, welches 2002 auf ebay erworben wurde. Das Video dokumentiert die einzelnen Schritte des Projektes, das die Bedeutungsunterschiede zwischen real existierenden Standorten und dem virtuellen Raum anhand netzbasierter sowie physischer Aktivitäten ergründet: Vom virtuellen Kaufprozess, über die Suche nach dem Land vor Ort mit Satellitenaufnahmen und topographische Karten bis zur fantasievollen Entwicklung und Umsetzung von Plänen zur Kultivierung der Landfläche – im einjährigen Prozess setzten sich die Künstler selbst den Bedingungen der Wüste aus, mit dem spielerischen Versuch, ihrem digitalen Kauf geografische Gewichtung zu verleihen.

spiros hadjidjanos displacement maps / 2012

In der Arbeit „Displacement Maps“ dient dem Künstler ein Rendering des urbanen Projektes Masdar City, das von dem Architekturbüro Foster + Partners geplant und zurzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten errichtet wird, als Ausgangspunkt für die Animation einer Stadt. Anstelle von Gebäuden modelliert Hadjidjanos die architektonische Formgebung mit zahlreichen Darstellungen verschiedener Digitalkameras, die den heutigen technologischen Stand digitaler Bildproduktion widerspiegeln. Dem Ansatz Lev Manovichs folgend, überzieht der Künstler physische Räume mit Dateninformationen, um die materielle Manifestation digitaler Bilder und deren möglichen Erscheinungsformen zu erforschen.

stefan riebel / total space – conceptual situations / 2013
Vernissage (Credits Joe Goergen)
Vernissage (Credits Joe Goergen)
Vernissage (Credits Joe Goergen)

 

(n)on site
24.5. – 14.6. 2013
km temporaer
Kremmener Str. 8a
10435 Berlin

http://kmtemporaer.de