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Transphaire in der Beton-Box

Nachdem er zur Präsentation seiner Arbeit in der BetonBox eingeladen wurde, entschloss sich der Maler Wolf Raskin nicht allein zu spielen und lud vier weitere KollegInnen ein, die schönen, rauen und überschaubaren Räumlichkeiten zu okkupieren. Eine kleine, dichte Show sollte Transphaire werden, konzentriert auf fünf Positionen der abstrakten Malerei aus Düsseldorf, die, fast alle, zu einer Generation gehören („mittelalte Künstler“ hörte ich an diesem Abend; und damit waren wohl Menschen zwischen 40 und 50 gemeint).

W. Raskin und W. Aschenborn. Letzterer hielt die Eröffnungsrede

W. Raskin

Raskin traf eine Auswahl, die für ein Fußballspiel nichts getaugt hätte – höchstens im spektakulären Kontext eines All-Stars-Galaspiels, wo die Teamleistung weniger zählen würde als die individuelle Virtuosität jedes einzelnen Spielers. Seine Mannschaft für Transphaire bestand nicht aus harmonierenden Talenten, dessen Kombinierung zu einem kohärenten Ganzen geführt hätten (spricht: einer geschlossenen, homogenen Gruppenausstellung), sondern von Solokünstlern, die verschiedene Projekte aus verschiedenen Perspektiven entwickeln – und möglicherweise nicht schlecht gestaunt haben, unter einen Hut gebracht zu werden. Raskin hatte in einem Konzeptpapier eine gemeinsame „Nähe zur Romantik, die Emanzipation des für die abstrakte Malerei sehr bedeutenden abstrakten Expressionismus, die Einbeziehung der C.G. Jung’schen Idee des kollektiven Unterbewußten mit seinen Archetypen und die Ausgewogenheit zwischen Heiterkeit und Düsternis“ unterstreichen wollen; eine Beschreibung, die auf jeden Fall auf die Malerei des Künstler-Kurators zutrifft und weniger auf die seiner Mitstreiter.

li: W. Raskin; re.: S. von Schroeter
W. Raskin

Eine Gruppenausstellung ist bekanntlich immer mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Trotz weiterer Absichtserklärungen aus dem benannten Konzeptpapier, war es da nicht leicht, einen roten Faden zu erkennen. Abstrakte Malerei – und zwar eigentlich (fast) durchgehend gute Malerei – als Thema, ja, gut, alles klar; das wär‘ aber schon alles. Man könnte allerdings auch sagen: Das wär‘ aber schon genug. Denn keine einzige Position (fast keine…) fiel schlecht oder gar durchschnittlich auf.  Lauter begabte, seriöse und erfahrene Künstler, die gekonnt bis meisterhaft mit ihren Werkzeugen umgehen, hat Raskin zusammengebracht. Das macht noch keine gute Gruppenausstellung aus, versöhnt aber für eine Zeit mit dem Medium Malerei.

S. von Schroeter
A. Garg

Trotz des klaren Bekenntnisses zur Nicht-Gegenständlichkeit, kokettieren die Bilder nicht selten mit dem Naturalismus, insbesondere mit der Gattung der Landschaftsmalerei. Das ist besonders auffällig in der Arbeit von Anja Garg; die Künstlerin findet auf fast wundersame Weise die schwierige Balance zwischen der klassischen, naturbezogenen und entschieden phänomenalistischen Delikatesse eines „impressionistischen“ Stils und der neo-expressionistischen, selbstbezogenen und existentiell-machistischen Spontanität der Informelle. Sie bringt es fertig, pastellige Bilder zu malen, die sensibel und zart wirken, und trotzdem nur noch vor sich hin brüllen.

li.: S. von Schroeter; re.: A. Garg

Diese intuitive Synthese von gegensätzlichen Strömungen lässt sich ebenso in der Arbeit von Stefanie von Schroeter ablesen, obgleich die Referenz zur Landschaftsmalerei nicht vorhanden ist – hier wären eher Reminiszenzen an Blumenstillleben zu nennen. Feurig und heftig, in der pastosen Geilheit an Cobra und in ihrer bedingungslosen Hingabe zur Farbe an Nolde erinnernd, sind ihre kräftigen Bilder kleine, vollaufgeladene Batterien, fleischig und lustvoll.

W. Raskin
W. Raskin

Das sind übrigens alles Adjektive, die gut zur Arbeit von Wolf Raskin passen, auch wenn dieser Maler eine ausgeprägte dunkle Seite besitzt, die  weder bei Garg noch bei von Schroeter offensichtlich wird. Raskins Kompositionen suchen eine Spannung zwischen Grafik und Malerei, zwischen der geführten Linie, die an die Üppigkeit von organischen Gebilden erinnern, und der freien Fläche, in der der Automatismus der Informelle aber auch die Hemmungslosigkeit der Street-Art zitiert. Die malerische Intelligenz Raskins geht noch weit darüber hinaus; eine Vertiefung der Betrachtung soll an anderer Stelle fortgesetzt werden.

L. Rot
L. Rot

Die erzählerische und konzeptuelle Herangehensweise von Lena Rot wirkt im gesamten Ausstellungskontext fremd und überraschend, ja gar Fehl am Platz. Die Malerei ist da nur noch Mittel zum Zweck, bloßes Instrument, das sich neben anderen Medien (Zeichnungen, Keramik) einreiht – an sich kein Verbrechen, aber ihre Auswahl in dieser Maler-der-Malerei-Ausstellung macht einen ein wenig stutzig. Eigentlich ist Rot, obwohl (oder vielleicht gerade deshalb) sie die jüngste der Ausstellung ist, eine postmoderne Künstlerin, die mit meta-fiktionellen Konstrukten und der Parodie von pseudo-archäologischen Grabungen spielt und damit eher ein Diskurs zur Wahrheit als ein Diskurs zur Malerei führt.

A. Garg
T. Green

Last but not least: Wir möchten Ted Green nicht unerwähnt lassen, auch wenn der unermüdliche und in der lokalen Off-Szene sehr präsente US-Amerikaner mehr als einmal in diesem Blog honoriert wurde. Es gibt hier nichts hinzuzufügen, was in der unmittelbaren Vergangenheit bereits gesagt wurde – bis auf die Tatsache, dass wir hier auch einen Kandidat haben, dessen systematische und „anti-spontane“ Herangehensweise wenig bis gar nichts mit den Gemälden von Garg, von Schroeter und Raskin zu tun hat. Achja, doch: Es handelt sich um abstrakte Malerei-ja-gut-alles-klar-das-wär’s-aber-schon-alles.

T. Green
T. Green
Transphaire
in der Beton Box
Münsterstr. 500, Düsselodrf
12.7-20.7.2013
mit Anja Garg, Ted Green, Wolf Raskin, Lena Rot und Stefanie von Schroeter