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Eastern Omen im d-52

Der Kontakt kam auf dem akademischen Weg: Bianca Bocatius, eine der drei Betreiberinnen von d-52, lernte die Kunsthistorikerin und Kuratorin Stacey Koosel während einer Tagung kennen. Schnell kamen die zwei Frauen auf die Idee, eine Ausstellung zur zeitgenössischen estnischen Kunst in Düsseldorf zu organisieren und damit die hierzulande ziemlich unsichtbare baltische Kunst zu vertreten. Eine sehr löbliche Initiative, vor allem wenn man den relativ hausbackenen und lokalpatriotischen Charakter der hiesigen Projektraumszene kennt…

Selbstverständlich kann und will eine Ausstellung aus dem Off nicht als Spiegelbild einer nationalen Kunstszene fungieren. Vor allem nicht, wenn bloß drei Beiträge gezeigt werden – was übrigens ein bisschen mager ausfiel. Aber die Intention der Kuratorin war eben nicht, nationale Klischees zu bestätigen, sondern drei exemplarische und jungen Figuren aus dem fernen Osten und weiten Norden erstmalig in Deutschland vorzustellen.

Jaanus Samma
Jaanus Samma

Die Positionen sind recht unterschiedlich; trotz der Bemühung um ein Gesamtkonzept, das nach der gesellschaftlichen Relevanz von Kunst sucht (es war die Rede vom Künstler als Antenne, seine Füller in die Welt ausstreckend und manche sozialen Phänomenen befragend), ließ sich die Verbindung zwischen den drei Arbeiten der Ausstellung nicht eindeutig erkennen. Die Bildserie „Chairman“ von Jaanus Saama ist eine Art Reenactment, die sich um die Figur eines in der Stadt Tartu bekannten Homosexuellen dreht. Dieser extravagant gekleideter und spektakulär auftretender Gay nannte sich – warum auch immer – Chairman und wurde Opfer der im Osten grassierenden Homophobie. Mit dem Rückgriff auf einer traditionellen Bühnensituation mitsamt Vorhängen und theatralischer Gestik wirkt Saamas Inszenierung betont artifiziell; es entsteht eine Distanz zwischen der Dramatik einer realen Situation und ihrer künstlerischen Ausarbeitung (hier in der Form eines fiktiven Opers).

Laura Kuus und Camille Laurelli

Im nächsten Raum ist das Video von Laura Kuusk und Camille Laurelli zu sehen. Der Loop einer Achterbahn-ähnlichen Attraktion in voller Fahrt, aus Bäumen herausragend, vor einer bergigen Landschaft, bei Tag und bei Nacht. Schließlich die Rauminstallation von Yang Li, bestehend aus Bäumen und Pflanzen, die auf großen Transparenten gemalt wurden und frei im Raum hängen. Ein stimmungsvolles Parcours, das sich teilweise auf die traditionelle chinesischen Tuschemalerei bezieht. Li ist zwar in China geboren und hat dort Malerei und Kalligraphie studiert aber seit 2006 ist sie in Estland – paraphrasieren die auf dem Kopf stehenden Zeichnungen die Entwurzelung der Chinesin?

Yang Li

Interessant zu erfahren war, dass die in Deutschland unbekannte estnische Kunst innerländisch sehr aktiv ist. Das ist zumindest was die in Kanada geborene und in Tallin lebende Stacey Koosel behauptet. Es gibt eine lebhafte Szene; diese bekommt aber immer noch nicht die internationale Aufmerksamkeit, die sie verdient hätte. Hier muss die Vermittlungsarbeit von d-52 noch einmal gelobt werden.

 

Eastern Omen
mit Jaanus Samma, Yang Li, Laura Kuusk und Camille Laurelli
Ausstellung 5-27.10.2013
Finissage am 27.10. um 15 Uhr
d-52
Rather traße 52, 40476 Düsseldorf
0211 69 85 532
www.d-52.de