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surplus living

99% aller Pressetexte die uns erreichen sind ausgemachter Schrott und Artyfarty-Bullshit-Bingo. Da lese ich zwei Sätze und dann geht die E-Mail in den Müll oder in den Orkus der Vergessens. Keine Ahnung warum man 2014 immer noch Einladungstexte schreiben muss die in erster Linie nichts sagen wollen. Spart Euch doch die Zeit und schickt uns ne Flasche Wein dafür, ladet uns nett ein, dann kann man über alles reden, wir sind ja bescheiden (und in Wahrheit gar nicht so garstig wie es hier manchmal scheint).

Aber es gibt auch Texte, die lese ich und denke mir ‚Hey Moment mal, da hat ja in letzter Zeit mal jemand das Fenster und die Tür aufgemacht und heraus geschaut aus seiner weißen Gummizelle‘. Und solche Texte packe ich dann auch gerne hier.

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Die Ausstellung „surplus living group exhibition“ setzt sich mit aktuellen Tendenzen im
Produktions- und Konsumdiskurs auseinander und beleuchtet Konzepte der Wertschöpfung und
Arbeitsteilung, die im “Zeitalter des Prosumenten” an Bedeutung gewinnen.

Der Wandel zu einem neuen Verständnis von Fortschritt basiert auf manipulativem Wirtschaften, das die Benutzerfreundlichkeit von Technologie in den Fokus rückt. Während dem Verbraucher anhand von konfigurierbaren Produkten eine Harmonisierung zwischen der Selbstbestimmung des Individuums und den Strukturen des Massenkonsums suggeriert wird, führt eine immer intelligenter agierende Computerisierung unserer beruflichen und privaten Lebensbereiche zu einer tiefgreifenden Kapitalisierung der sozialen Sphäre. Es sind unsere Beziehungen zu Personen und Daten, die als Grundlage für die Spekulation des Kapitals dienen, mit uns, den Nutzern selbst, als primäre Warenform – ein Phänomen, das Diedrich Diederichsen als „modernen Kapitalismus der Selbstoptimierung” beschreibt. Dieses Konzept des prosumierenden neoliberalen Selbst als optimale Ware findet sich in der gegenwärtigen Produktion und Distribution von Kunst verwirklicht, wobei der Künstler selbst als stärkstes und zugleich schwächstes kapitalistisches Subjekt jene zeitgenössische Form der Arbeit am exemplarischsten widerspiegelt.

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Die Ausstellung versammelt verschiedene Positionen, die das Beziehungsgefüge zwischen Ware
und Kunstwerk unter den heutigen sozialen und ökonomischen Bedingungen erforschen. Sie wirft die Frage nach den Spezifika einer fest in die Warenproduktion integrierten Ästhetik auf
und macht darüber hinaus mögliche Strategien fassbar, um die existierende Logik der Kommodifizierung zu durchbrechen. Hierbei reflektiert sie verschiedene Ansätze der künstlerischen Kritik und die Entwicklung zu einem neuen Selbst des Künstlers, der zunehmend als „humanes Kapital“ agiert. Während einige der präsentierten Künstler statt der Reflexion explizit politischer Inhalte eine dem Objekt zugewandte Diskursivität verfolgen, entwickeln andere mittels Aneignung marktwirtschaftlicher Strategien sowie Verschmelzung von künstlerischer Praxis und ökonomischen Prozessen neue Formen der Subversivität, die vorhandene institutionelle Strukturen nutzen, um letztlich hegemoniale Systeme von innen heraus zu transformieren.

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Künstlerische Ansätze, die dagegen einem divergenten Verständnis von Realismus als ästhetische
Methode folgen, üben durch autonome Formen der Selbstorganisation Kritik an
gesellschaftsrelevanten Entwicklungen und lassen so die Grenzen zwischen Kunstproduktion und
politischem Aktivismus verschwimmen.

Der Titel „surplus living” folgt der Vorstellung, dass die Kapitalakkumulation sich heute, wo
Freizeit und Vergnügen selbst zu einer Arbeitsform mutiert sind, durch alle Sphären der Gesellschaft zieht (Hard /Negri). Auf diese Weise negiert und erweitert der Titel gleichzeitig die
ursprüngliche marxsche Theorie des „surplus value“, des Mehrwertes, die die Diskrepanz zwischen dem Tausch- und dem Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft, als Ursprung der Ausbeutung aufdeckt.

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Eine Show, kuratiert von
Elisa R. Linn, Lennart Wolff, Harry Burke

Mit dabei
Ayreen Anastas & Rene Gabri, Josephine Meckseper, Adriana Ramić, Yngve Holen, Chto Delat?, Jasper Spicero, Tatsuo Miyajima, Amalia Ulman, Beny Wagner, Nina Beier, Britta Thie, Jesse Darling, Michael E. Smith, Wilhelm Mundt, Harm van den Dorpel, Li Liao, Raphael Hefti, Constant Dullaart

http://kmtemporaer.de/

surplus living group exhibition
March 14 – March 23 2014

Molkenmarkt 2
10179 berlin