
Liebe Leser,
heute bin ich immernoch in Berlin und deswegen gibt es aberhallo mal eine Ahnung Berliner Schnauze nur ohne Dialekt: Die Frage von heute habe ich vorgezogen, weil sie nach Schwindel riecht.
Ich glaube nicht, dass ein vernünftiger Mensch auf die Idee kommt und wirklich bei jeden Regenbogen nach dem Ende und dem Goldtopf sucht. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Selbst wenn man ein bettelarmer Sack ist oder kurz vorm Hungertot steht, macht man sich allerhöchstens nur einmal auf die Suche, um diesen Goldtopf finden zu wollen – und dann aus Spaß oder aufgrund einer akuten Psychose oder unter Einfluss bewusstseinserweiternder Drogen.

Also schreibe ich unter dem Einfluss von Berliner Luft was anderes, unerwartetes, und dies ist kein Schwindel:
Ich erhebe hiermit das Leben an sich zu meinem Kunstwerk.
Werkangaben:
Katrin Herzner
Titel: Das Leben an sich
Entstehungstag: 22. März 2014
Material: Das Leben an sich (Objet Trouvé)
Maße: variabel
Fertig.

Objet Trouvé:
Jeder kennt ja solche Objets Trouvés, nicht wahr? Das Pissoir hat so ungefähr den Anfang gemacht, oder dann auch der Flaschentrockner et cetera et cetera. Es gibt dazu wissenschaftlich so viel zu sagen und zu differenzieren – ich kürze ab und setze das Wissen voraus oder bitte bei Bedarf um selbständige Recherche bei wikipedia.
Das nächste:
Ich kann mir gerade nicht vorstellen, dass noch nie jemand das Leben an sich zu seinem Kunstwerk erhoben hat, aber ich recherchiere das natürlich auch nicht. Natürlich muss man nichts neues Erfinden um Kunst zu machen. Also erstens bin ich da fein raus, und es ist ja normal, dass ich das Leben an sich als Objet Trouvé natürlich nicht gemacht habe. Und zweitens kann man sogar ein Kunstwerk nochmal machen. Es ist eh anders.

Es ist aber allerdings auch nicht mein Kunstwerk.
Also ein schlechtes Beispiel.
Ich bin nicht verklärt, esotherisch und überhaupt gar nicht theologisch.
Hier in der Berliner Luft hatte ich nur folgende Gedanken:
Erst:
Die doofe Sache an der Kunst ist, dass sie wertvoll ist.
Keiner weiß genau wie viel. Deswegen wird dafür zum ersten alles gezahlt von gigantischen Unsummen bis nichts oder drauf.
Und zweitens:
Deswegen schmeißt man sie nicht weg. Und deswegen und nimmt sie Platz weg und belastet die Besitzer als deren Besitz.
Und das, obwohl geschätzte 90% der Weltbevölkerung schon von vorne herein nicht versteht, warum gute Kunst überhaupt wertvoll ist. Und die restlichen 10% sagen dann wiederum: „Klar – ein bisschen gute Kunst gibt es, aber das meiste hätte man sich sparen können.“
Das Problem ist, dass dieses meiste wiederum fast jeder von den 10% anders sieht. Also jeder der Kunst ansieht, denkt über was anderes: Hm – das hätte man sich vielleicht sparen können. Oder nicht vielleicht sondern auf jeden Fall und zwar sollen.

Ich glaube, dass ist ein Kunstwerk von Ilse Ermen.
Also ein Stück von einem Multiple.
Also:
Wer kann dann schon entscheiden, was weg kann und was nicht?
Niemand.
Jetzt:
Das gute am Leben an sich ist: Es ist sowieso da und nimmt keinen weiteren Platz weg.
Es sollte definitiv von niemandem weggeworfen werden. Das schafft, glaube ich, auch keiner so schnell einfach so. Das Leben an sich wird aberhallo noch sehr sehr lange existieren und zwar wesentlich länger als die Erinnerung an diesen Text hier. Und die Erinnerung an die Kunst.
Das Leben an sich in Begriff und Inhalt ist in meinem Fall die Illusion einer greifbaren Dimension von etwas Unbegreiflichem in meinem Kopf. (Ihr wisst noch, und es ist in dem Stück, was die Libelle nicht fressen kann.). Einem Wissenschaftler fällt da vielleicht was genaueres ein. Einem Theologen sowieso. Jedem was anderes.
Ich schließe alle Vorstellungen vom Leben an sich in das Leben an sich ein. Ist ja auch so.

Das wichtigste zum Schluss:
Ich bin gerade vollkommen nüchtern und nichtmal in Hochstimmung.
Könnte man ja meinen, wenn man das Leben an sich zu seinem Kunstwerk ernennt.
Man könnte meinen, man findet so den Eimer Gold, LSD, Pilze, MDMA, Kokain oder Ursuppe.
Ich finde das alles aber ziemlich logisch.
Ich denke, man könnte mir vorwerfen, es sei irgendwie nicht rotzig genug.
Und so kalt und das Herz fehlt.
Ich glaube, ich weiß jetzt auch, wo der Haken ist, aber werdet ihn schon selber finden.

Und natürlich:
Liebe Frauke,
sei mir nicht böse, aber wen interessiert ein Topf voll Gold?
Würste mit zwei Enden sind natürlich wichtig, aber Liebe und Frieden sind doch das wichtigste.
Und die beiden findest Du im Anblick des Regenbogens, in dem Du einfach andächtig und ganz in Ruhe stehen bleibst. Oder barfuß im Regen tanzt mit Blume im Haar.
Bis bald,
Katrin