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Wie alles wirklich funktioniert : tun wollen und was anderes

Herzner wollte und machen
An der Tastatur sieht man zum Beispiel, dass ich russisch lernen will.

Liebe Leser,

Heute würde ich gerne ein Bier trinken.
Und was mache ich stattdessen?
Ich sitze vor dem Computer.
Gut.

Ich geh mir erstmal ein Bier holen.

Im Kühlschrank ist Berliner Kindl Jubiläums Pilsener.
Schmeckt nicht.

Vorhin habe ich gedacht:
Ich muss meinen Magen jetzt mal schonen und kein Bier mehr trinken. Einen Monat lang.
Das hat jetzt wohl nicht geklappt.

Egal ist auch, was das jetzt genau ist mit dem Magen – davon will ich nicht schreiben. Das ist intim. Ich will hier nicht mein Inneres zeigen. Ich schreibe hier was aus meinem Hirn kommt. Und selten fühlte ich mich so nackt.

Ich verwerfe den Gedanken, die Fotos von meinem Magen oder Nacktfotos von mir in den Text einzubauen. Ich hab sie zwar und ich fände das jetzt gut – sie sind einfach nicht hier in Berlin, die Fotos. Das ist das Problem: Ich will, aber ich kann nicht.

Obwohl – vielleicht sind sie im Netz?

 

Herzner wollen 03
Ich habe 100% Googleverbot für wie alles wirklich funktioniert : Das Bildersuchergebnis von google zur Magenspiegelung.

Was wollte ich eigentlich machen?
Mich an Robins Frage dran setzen:
Herzner wieder Frage

Vor allem, weil ich heute irgendwann plötzlich noch dachte, ich flöge jetzt nach London.
Also morgen.
Da hab ich gleich gedacht: ‚Ah ja, dann musst du heute noch den Text anfangen, sonst haut das alles nicht hin.‘ Jetzt hab ich mir inzwischen aber dann doch überlegt: ‚Ne. Doch nicht nach London.‘

Daher müsste ich den Text jetzt eigentlich gar nicht anfangen.

Und vorm Computer sitzen.
Und über wollen und tun und was anderes tun als man wollte schreiben.

 

herzner wollen 05
Ich habe 100% Googleverbot für wie alles wirklich funktioniert : Das Bildersuchergebnis von google zur Nacktfotos Katrin Herzner.

Und dabei Bier trinken, was ich wollte und eigentlich nicht wollte.

Ich ex mal die Flasche.

Mist. Nicht geklappt.

Nochmal ansetzen.

Puh.

Ist das kalt.

 

Da fällt mir ein: Kein Alkohol oder auch nicht so viel Alkohol an einem Abend trinken, sollte man besser nicht wollen. Das endet gerne desaströs.

Noch ein Schluck Bier.

Herzner wollen 04
Ich habe 100% Googleverbot für wie alles wirklich funktioniert : Das Bildersuchergebnis von google zu Katrin Herzner.

 

Was ich mir auch wieder eingefallen ist, was ich vergessen hatte: dieses Gefühl, dass man sich einen Abend an den Computer setzt in einer Stadt, in der gerade an ganz vielen Stellen für ganz viele Menschen irgendwas Wichtiges passiert.

Ich glaube, das muss ja in London noch schlimmer sein – schon alleine, weil es größer ist. Flieg ich deswegen nicht hin? Es könnte ja auch mir was wichtiges passieren? Und das würde jemand anderes nerven, also jetzt einen, den ich nichtmal treffen würde?

 

Jedenfalls die Vorstellung davon, dass da jetzt aber gerade in diesem Moment hier in der Stadt was superwichtiges für jemanden – beziehungsweise sogar einige – passiert … hm …

… diesen Gedanken habe ich nicht vermisst, seit dem ich hier weggezogen bin.
Ich will keine Gedanken dieser Wichtigkeit wegen. In Berlin hängen sie in der Luft. Und ich stoße mir den Kopf dran.

 

Noch ein Schluck Bier.

In Berlin fange ich auch immer immer wieder an zu rauchen.
Ich trau mich jetzt kaum, eine rauchen zu gehen, weil der Schreibfluss flöten gehen könnte. Wenn der mal da ist, will man ihn ja immer gleich behalten. Und sobald man ihn behalten will, ist er weg.

 

Ich will schreiben.
Ich geh rauchen.

 

Da raucht man ein halbes Jahr in Dortmund mal eine oder zwei. Aber in Berlin, obwohl man gar nicht will, raucht man dann zu Berliner Kindl, das man eigentlich gar nicht trinken will.

 

—- Zigarette —-

 

Was mir jetzt bei der Zigarette eingefallen ist:
Es ist noch viel wichtiger, nicht zu tun, was man nicht wieder tun wollte.

Zum Beispiel wieder nach Berlin ziehen wollte ich nicht mehr.
Und – was hab ich gestern gedacht? ‚Hm. Na gut. Dann ziehe ich eben wieder nach Berlin.‘
Aber. Das sollte ich nicht tun, denn das wollte ich nicht mehr machen.
Ich will nämlich lieber unwichtige Sachen mögen, die aber trotzdem viel schöner sind als die offensichtliche Wichtigkeit, an der man sich nur den Kopf stößt und dann dumm dabei aussieht. Auf die Unwichtigkeiten muss man achten. Oder besser: die weniger offensichtlichen Wichtigkeiten, die nicht in den Weg gehängt werden. So gesehen ist Berlin da eher gut  für die Dummen, die nicht lange suchen wollen.

Aber wenn jetzt was unwichtiges Schönes in Berlin wäre, wäre das dann ein guter Grund zu vergessen, dass ich wegen der Wichtigkeit nicht wieder herziehen wollte? Und verflucht verflucht: das gibt es ja auch, also da unwichtige Schöne oder die Schönheit des Unwichtigen. Und es ist noch besser versteckt als woanders. Aber andereseits steht selbst das irgendwie überall auf den Plakaten hier.

 

Alles ist wie rauchen wollen und nicht in Berlin.

 

Ich dachte auch schon in letzter Zeit: ich will jetzt nach Köln ziehen.
Wie wichtig ist eigentlich Köln? Passieren nicht auch unheimlich viele superwichtige Sachen in Garmisch-Partenkirchen?

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Das Bildersuchergebnis von google zu Magenspiegelung Katrin Herzner.

Ähm. Was wollte ich nochmal tun?

 

== Das Wichtigste zum Schluss:

Tja, Robin.

Einen Plan machen.
Und dann was anderes machen, als geplant war.
Ist doch gut.
Dafür sind Pläne da.

Hauptsache Du hast einen.
Dann kannst Du ihn verwerfen.

Ohne Plan wäre nichts da, was man anderes stattdessen tun kann.
Das ist dann schwierig.

Genau genommen kann ich mir gar das nicht vorstellen.
Man könnte ja dann nicht endlich mal das tun, was man schon lange wirklich mal tun wollte.
Und zwar anstelle dessen, was man eigentlich tun wollte.
Oder eben nicht.

 

Prost.