Fragen über Fragen 1 – Dallas

(Anmerkung: Dies ist seit langem und endlich mal wieder ein Text vom Mitbegründer der perisphere Dr. Emmanuel Mir, los gehts!)

Ich bin ein Kind der 1980er. Und ich wurde teilweise von einem Fernseher großgezogen. Diese zwei Tatsachen erklären, dass ich neuerdings auf die Nachricht besonders hellhörig wurde, die Kultserie „Dallas“ feiere in diesem Jahr ihr vierzigstes Jubiläum. Außer der Erinnerung an meiner ersten persönlichen Erfahrung massenmedialer Dumpfheit sah ich eigentlich für mich wenig bis gar keinen Grund zu feiern, und doch drehte ich die Lautstärke höher.

Der Radiobeitrag erzählte vom Besucherandrang auf der Southfork Ranch, jener Hauptspielplatz der Serie, wo die Ewing-Familie ihr texanisches Intringantenstadl durchspielte. Es ist ein sehr großes und sehr häßliches Haus mitten in einer sauber durchgekämmten Wüste; man sieht es im Vor- und Abspann der Serie und immer wieder zwischendurch, in statischen und blassen Totalen. Weil sie die geographische Verankerung (fast) aller Handlungen der Serie darstellt, genießt die Ranch eine Art Kultstatus. Dorthin pilgern seit Jahren ganze Busladungen von TV-addicted, ihrer wie auch immer gearteten Sehnsucht frönend. Die Ranch ist zu einer Art Museum geworden. Zu Zeiten der ersten „Dallas“-Staffeln war sie noch landwirtschaftlich betrieben, aber die Eigentümer verstanden schnell, dass man mit den Nebenprodukten der Unterhaltungsindustrie mehr verdient als mit T-Bone-Steaks und Kuhhäuten und stiegen ins das mediale Butterfahrtgeschäft ein. Heute gibt es Führungen durch das Haus und Signierstunden mit den überlebenden Schauspieler*innen zu besonderen Anlässen.

Ich kann nur vermuten, was die Menschenmenge an diesem Ort sucht. Vielleicht will sie für eine kurze Zeit im Set und im Film sein und zum Akteur einer Episode werden, also, wie Alice, auf die andere Seite des Spiegels einsteigen und die neue Perspektive genießen. Oder sie will sich dieser Kulissen bemächtigen und der Ort eines passiven Sehvergnügens zu einem aktiven und multisensorischen Erlebnisses machen; was mir in diesem Zusammenhang zu aufgeklärt erscheint. Vielleicht will sie, viel prosaischer, die vermittelte Erinnerungen ihres Fernseherlebnisses mit der Realität vergleichen und das Original mit der Darstellung konfrontieren.

Das Problem dieser Hypothesen liegt aber daran, dass die Ranch nur für die Außenaufnahmen benutzt wurde. Alle Interieur-Aufnahmen erfolgten in der Ruhe eines kalifornischen Studios, Tausende Kilometer von Texas entfernt. Die Dallas-Pilgern besuchen also Räume, die niemals auf ihren Bildschirmen zu sehen waren. Die berühmte Blumentapete des Salons ist hier eine dunkle Holzvertäfelung; das Treppenhaus ist ganz woanders platziert und erinnert kein bisschen an das der Serie. Die Betreiber der Ranch haben sich nicht mal die Mühe gegeben, passende Sofas zu kaufen, um das Trugbild minimal aufrecht zu erhalten.

Der Fall Southfork Ranch ist merkwürdig. Da nehmen jedes Jahr Tausende von Menschen eine lange Fahrt auf sich auf, mit der Absicht, eine Kulisse zu besuchen. Schon dies ist befremdlich. Aber was sie antreffen ist nicht mal eine Kulisse, also nicht mal eine funktionale Vorrichtung zu Zwecken der Konstruktion einer Fiktion, sondern eine weitere räumliche Vorrichtung zu Zwecken… ja, zu welchen Zwecken, eigentlich? Warum besucht man Innenräume, die nominell zur Southfork Ranch gehören aber visuell und atmosphärisch nichts mit der Southfork Ranch der Serie „Dallas“ zu tun haben? Dies stört übrigens keineswegs die Besucher, die um die zweifache Entfremdung bereits wissen, wie es im Radiobericht zu hören war, und trotz des hauchdünnen Bezugs der zwei Ranchs miteinander (der realen und der fiktionalen) trotzdem nach Dallas fahren. Sie wollen einfach da sein, egal ob dieses „da“ ein gut vermarkteter Beschiss ist. Die „museal“ aufbereitete Ranch ist weder auratisch aufgeladene Kulisse (denn ja: Wir leben in Zeiten, in denen sogar Kulissen zu kultischen Orten gemacht werden), noch echte Illusion (denn ja: Wir müssen zunehmend auf den Unterschied zwischen echter und unechter Illusion achten).

Ich habe eine Frage: Zu welcher Kategorie gehört die Southfork Ranch? Ist sie das Simulakrum eines Simulakrums? Eine Heterotopie im Quadrat? Oder der materialisierte Alptraum von Jean Baudrillard? Ich weiß es nicht.

Internet essen und trinken – Im Gespräch mit Andreas Wundersee

Ich weiß  gar nicht genau warum ich erst jetzt dazu komme das hier zu verbloggen, auf facebook aber wars wohl schon mal. Es ist wirklich arm, aber zwo18 vergisst man, d.h. ich dann eben immer mal wieder (leider!) es gibt noch ein WWW außerhalb von facebook.
Definitiv keine gute Entwicklung.

Also jetzt und hier im Blog zwei Hinweise. Erstens auf ein Podcast, den Tausendsassa Andreas Wundersee mit mir bereits vor einiger Zeit in der Bar Alexander in Unterbilk aufgenommen hat. Wir haben dort über die Kunst, die Szene, Digitalität, Realität, Augmented Reality, Künstliche Intelligenz, warum man Kinder kriegen sollte, das Ende, die Evolution und die Metamoderne gesprochen. „WZW007: Auf ein Getränk mit Florian Kuhlmann“ findet ihr hier.

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Raus aus dem binären Knast. Jetzt.

WIDER DEM DUALISMUS
WIDER DEM DUALISTISCHEN DENKEN
– UND NIX WIE RAUS AUS DEM BINÄREN KNAST

Eine freundliche Bitte in die Runde. Ich nehme, so wie sicherlich vielen von Euch auch, hier und auch an anderen Orten im Interwebs und in den Medien eine zunehmende Polarisierung und Verhärtung gedanklicher Positionen wahr.
Es ist eine seltsame Mischung aus Angst, Wut, Verzweiflung und gefühlter Ohnmacht die sich breit und uns alle irgendwie ganz kirre macht, die jedes intelligente, autonome Denken langsam zu ersticken droht und dazu führt sich gedanklich immer weiter in ideologischen Lagern zu verschanzen.

Dialoge werden damit aber immer schwieriger bis unmöglich. Bereits das stellen von Fragen oder das Thematisieren von Problemen erfährt, auch beschleunigt durch Twitters und Facebook, mittlerweile innerhalb kürzester Zeit eine unmittelbare und radikal beschleunigte Zuspitzung welcher man gedanklich eigentlich nicht mehr folgen kann. Es entsteht eine Kommunikationtsstream der zunehmend Like, Affekt und Triebgesteuert ist.
Zum Denken und Reflektieren braucht es aber Ruhe und zu weilen Abstand, weil nicht alles immer das ist, als was es im ersten Moment erscheint und weil reale Probleme vielschichtig sind, Realität aus unglaublich vielen Layers zusammen gesetzt wird, durch uns alle. Permanent.

Eines unserer grundlegenden Probleme wird dabei zunehmend der Dualismus, das darauf basierende dualistische Denken in vermeintlichen Symmetrien, und die binäre Logik der Maschine. Also die harte Unterscheidung in TRUE und FALSE, Richtig und Falsch.
Aus dem was in den guten Tagen der liberalen Gesellschaft einmal der demokratische Diskurs gewesen ist, wir zunehmend ein knallhartes Freund-Feind-Denken in dem fast alles in die einfachen Kategorie Gut und Böse, oder Richtig und Falsch unterschieden wird. Das Analoge in Form von Zwischentönen, Unschärfen und der Wirklichkeit naturgemäß zu eigenen Widersprüchen wird dadurch aber negiert, unser Denken damit immer weniger dem realen Geschehen gerecht.
Dabei weiß jeder von uns aus eigener Erfahrung sehr genau, dass nur in ganz wenigen Fällen B automatisch richtig weil A falsch ist. Denn das Binäre ist ausserhalb der CPU des Rechners allzu oft ein Trugschluss und nur bedingt 1:1 auf die Welt übertragbar.

Das bedeutet aber auch, wir müssen unbedingt damit aufhören uns in diesen gedanklichen Mustern zu bewegen. Wir müssen das offene unscharfe Denken wieder wagen, im Vertrauen darauf dass wir alle ganz OkaX sind, unser gegenüber eventuell mal anderer Meinung, deswegen aber nicht zwangsläufig ein überzeugter Links-Oder-Rechts-Faschist ist.

Wir müssen irgendwie wieder lernen besser zu ertragen, dass Wirklichkeit komplex ist, es auf Fragen zu weilen keine schnelle eindeutige Antworten gibt, nicht alles binär mit ja oder nein, richtig oder falsch bzw TRUE und FALSE beantwortet werden kann, dass die Perspektiven vielschichtig sind und dass manche liebgewonnenen Gewissheiten sich über die Jahre als Falsch herausgestellt haben können, dass Wahrheit immer wieder aufs neue verhandelt werden muss, weil es keinen Stillstand gibt und die Welt sich durch uns permanent verändert.

Wir müssen wieder viel mehr akzeptieren lernen, dass sowohl A als auch B und eventuell sogar C und! vielleicht auch noch D richtig sein können. Gleichzeitig aber alle vier Optionen aus einer anderen Perspektive eventuell komplett falsch sind.
Das ist anstrengend, auch nervig und das ist sicher nicht immer schön. Aber das Schöne zu sehen ist zu weilen einfach zu verlockend und lässt uns darüber leider oft vergessen das dahinter liegende Hässliche aber Notwendige zu Denken.

GEGEN EINE ÜBERMACHT DES DUALISMUS.
FÜR OFFENHEIT UND AUTONOMIE UND EIN DENKEN IN BEWEGUNG. JETZT.

( Diese Arbeit ist in High-Res frei zum Download verfügbar unter http://www.thenewproject.de und darf nach eigenem ermessen genutzt und verwendet werden. )

Carians Ceremony im Goethe Zimmer

Nesha Nikolics ‚Carians Ceremony‘ im Goethe Zimmer des Malkasten, Düsseldorf
am Dienstag den 3. Juli 2018 gegen 21 Uhr

fk: was war das für eine zeremonie und worum ging es?

nn: Es war eine Zeremonie der Verbundenheit. Dieses urige Gefühl der Zugehörigkeit wurde erzeugt.

fk: was bedeutet carians?

nn: Carians sind Alien Wesen die dieses Universum und das dualistische Spiel in dem wir leben auf uns unvorstellbare art „betreuen“.

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