Natur rechnet nicht

Man kennt sich so unter Bloggern des eigenen Fachs im deutschsprachigen Raum, die Szene ist nicht so groß und man hat ja auch das ein oder andere zusammen versucht. Matthias Planitzer war mit www.castor-und-pollux.de einer der ersten Blogs für Kunstkritik hier und hat über lange Zeit immer sehr sauber und hochwertig abgeliefert. Arzt war er damals noch in erster Linie, davor dann – klaro – Medizinstudent, Annika von Taube hat das alles und noch mehr in ihr blog geschrieben, hier bitte.
Und nun aber ist er selber in der Kunst gelandet, arbeitet nicht mehr aus der Distanz und kritisch daran sondern eben mitten drin mit.  Von daher verwundert es nicht weiter, dass hier nun Werke entstehen. So wie dieses hier etwa, aufgelegt als Edition, Planitzers erste überhaupt.
Und sie ist gut wie ich finde, so gut, dass ich mir Blatt 1 davon gesichert habe. 🙂
Ein paar sind aber noch zu haben, also schlagt zu, das ist eine klare Kaufempfehlung hier.

Untitled (Nature does not calculate) – Matthias Planitzer

Matthias Planitzer, „Untitled (Nature does not calculate)“, 2018
Digitaler Inkjet-Druck auf Papier, 91,4 x 59,4 cm
Serie von 20 Unikaten
Preis 0,01 € pro Kreis = 210,83 bis 311,09 € pro Werk
Übersicht über alle Arbeiten im PDF-Katalog
Zu erwerben über studio@matthiasplanitzer.de

inside ecologies – Alles ist connected

Wie ist die Welt wenn wir die Augen schließen oder einmal ganz wo anders hinschauen? Und was hat das mit Schulbrot und Kita zu tun? (K)eine Antwort gibt’s hier.

Budhaditya Chattopadhyay, „Decomposing Landscape“
Budhaditya Chattopadhyay, „Decomposing Landscape“

Über so umfangreiche und komplexe Projekte wie das hier soll man ja – sofern man denn überhaupt was darüber sagen kann – eigentlich nur schreiben, wenn im Original gesehen. Ich falle damit also eigentlich erstmal aus, gleichwohl mich schon interessiert was da im Weltkunstzimmer derzeit aufgebaut ist. Am Trigger würde es also nicht scheitern. Nur zeitlich hat es dafür bei mir eben leider bisher einfach nicht gereicht.
Einschulung, Herbstferien, Kindergarten und eine weitere, nun aber sicher auch letzte Geburt haben unseren Alltag einmal mehr ganz schön durch einander gewirbelt.
Und so war es dann wohl eben auch mal bissi ruhiger in der Perisphere die letzten Wochen und Monate, über diesen wirklich wunderbaren, fast endlos erscheinenden Sommer weg. Der Schrebergarten war tagsüber Ort der Wahl und Nachts wollte der Windelwechsel im Halbschlaf wieder gelernt werden. Sprich der Fokus hatte sich einmal mehr verschoben die letzten Wochen und Monate. Noch weiter weg vom Streben nach der sexygeilen internationalen Kunstkarriere hinzu zum Alltag zwischen Schulbrot schmieren und Kita.

Conrad Kürzdörfer/Brian Holden, Sustainer (2018)
Conrad Kürzdörfer/Brian Holden, Sustainer (2018)

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Digitale Träume – Surrealismus trifft auf K.i.

A.i. ist immer noch sehr Hip und Hype, keine Frage. Was mich aber in letzter Zeit umtreibt ist das was man im weitesten Sinne mit ‚Digitalen Träumen‘ bezeichnen könnte. Also Surrealismus trifft auf digitale gesteuerte und transformierte Wirklichkeit.
Das was der französische Künstler Pierre Huyghe in der Serpentine Galerie präsentiertp geht schon sehr in diese Richtung.

In schmuddeliger Superposition

shitcologne am ebertplatz
shitcologne 2015 am ebertplatz

Hallo wie geht? Fragt die Metamoderne stets aufs neue ganz keck und unbeschwert an. Sie legt dabei eine Naivität an den Tag, die immer wieder verstört, am meisten die kritischen Geister der Ratio im übrigen, weniger die mystisch, sinistren Gestalten mit Hang zu allem was geil macht – ein Effekt der die Ablehnung dann allerdings meist nur weiter steigert. (Glaubt mir ich weiß wo von ich spreche, bin da schon heftig angegangen worden).
Aber! die MM verstört per se, einfach weil sie so unschuldig daherkommt, obwohl doch aber alle wissen wie viel Shit sie im Gepäck hat. Und das ist dann echte gelebte Meinungsfrecheit: Metamoderne wie kannst Du nur wagen noch Optimismus zu zeigen in Zeiten wie diesen! Metamoderne Du Schmuddel, Du dümmstes aller Kinder der ach so aufgeklärten glanzvollen und prachtvollen Moderne!

Aber wir wollen und müssen sehen und die Reaktionen verstehen. Denn ja klar. Eines muss man sich immer wieder vor die mittlerweile erblindeten Augen halten um es uns zu verdeutlichen, die Kritik ist nicht von der Hand zu weisen. Die Metamoderne ist natürlich ein Produkt zahlreicher Dekaden neoliberaler Disruption und Atomisierung von Wirklichkeit und Welt. Wie sollte das Stand 2018 aber auch anders sein? Von dem was das WIR einmal war ist nur noch eine ziemlich verstümmelte Version des Ich geblieben, ein Zustand der jeden für sich, ganz individuell in den Wahnsinn und die Raserei treibt derzeit und den – by the way angemerkt – die Herrschenden äußerst gekonnt auszunutzen wissen.
Und so ist es denn auch zu verstehen, wenn wir uns vor Augen führen:

Der Streit um die Grenzen ist eigentlich nur Symptom einer gesamtgesellschaftlichen identitätspolitischen Krise. Nach einem guten Jahrhundert totalen Fokus auf Befreiung des Ichs u. individuelle Freiheit sind alle sozialen Bindungen zerstört und niemand weiß mehr wer ersiees ist.

Die Affirmation dieser Erkenntnisse ist und bleibt Provokation für alle Realisten unserer Zeit. Das Leben im NON wird allgemein als Bedrohung wahrgenommen, nicht aber als Option des möglichen Eintritts in eine erneut zu füllende Leere. Eine Leere wie sie auch nach dem Ausatmen entsteht in uns, nur um dann im nächsten Lebenszyklus direkt wieder gefüllt zu werden.
Der metamoderne Menschen akzeptiert das. Ersiees akzeptiert das Jetzt als immerwährenden Neubeginn und so bleibt die Affirmation des bestehenden immer Option oder um es mit einem Tweet von gestern abend zu sagen:

Die Metamoderne nimmt die ratiobasierte neoliberale Verwüstung von Wirklichkeit als gegeben an, um hier den Nullpunkt für den Neuanfang im JETZT zu setzen. Von daher erscheinen alle Sachverhalte in der MM naturgemäß als SEHR NON. Aber das ist erstmal okaX.

Nun, ich gebe zu. Es gibt da eigentlich nichts wirklich zu beschönigen, der Beginn der Metamoderne fortwährend im Jetzt, das ist keine unbeschwertes Unterfangen welches locker lässig leicht von der Hand geht, so nebenher. Es erfordert zumindest zu Anfang Konzentration, Fokus und viel viel Übung.
Möglich ist es überhaupt nur aus einem dialektischen, eigentlich unmöglchen Gemütszustand heraus, nämlich der, aus der Quantenphysik bekannten, Superposition. Diese liegt im metamodernen Mindset oszilierend, immer unbestimmt aber stabil zwischen den gegenüber liegenden Polen der Kritik und der Affirmation. Sie zu halten ist angesichts des uns umgebenden NON wahrlich nicht einfach und echte Herausforderung. Oft genug verschlägt es uns auf unserem Weg in die ein oder andere Richtung, lassen wir uns mitreißen von dem was um uns herum geschieht, von der Realität die manchmal Übermächtig erscheint, und werden dabei, ohne es zu merken vereinnahmt von den Ideologien die sich gerade mit aller härte um unseren Verstand streiten.
Aber das gehört dazu und sollte nicht verunsicher. Sich treiben und los zu lassen, lost zu sein zwischendurch. Auch das ist Okax, weil menschlich. Nur eines darf nicht passieren. Wir dürfen auf diesem Weg das Wichtigste von allem, unser Urvertrauen nicht verlieren. Dieses müssen wir stets suchen, es immer wieder aufs neue finden, um dann darauf zu hören und mit dem Gehörten im Gepäck erneut die Superposition einzunehmen, diese möglichst lange zu halten, zu halten so lange es irgendwie geht.
So lange bis wir ganz unbewusst den nächsten Zyklus zu beginnen.