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Im Gespräch mit Thomas Zitzwitz über das Sammeln und Produzieren von NFTs

Der Kölner Künstler und Kurator Thomas Zitzwitz sammelt und experimentiert mit NFTs. Die Verbindung zu ihm kam über das letzte Projekt Roland Schapperts bei David Behning zu stande, auf sein NFT Engagement bin ich dann allerdings erst eher zufällig via twitter aufmerksam geworden. Und da ich aktuell – wie sagt man derzeit so schön – ziemlich bullish bin was NFTs angeht, war ich neugierig und wollte mehr wissen. Dankenswerterweise hat sich Thomas die Zeit genommen mir ein paar Fragen zu beantworten.

Pupila Dilatada Flyer –
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fk: via twitter habe ich gesehen, dass du dich mit NFTs beschäftigst, sowohl als sammler als auch als produzent. ist das richtig und was interessiert dich generell am thema NFTs?

tz: Der Hype um NFTs hat bestimmt viel mit der Corona Pandemie zu tun. Zur Zeit ist es nur sehr eingeschränkt möglich, originale Kunst zu sehen. Es bleiben Online Viewing Rooms der Galerien, Messen, Museen, Instagram und Co. und eine schier endlose Anzahl von PDFs, die täglich ins Email-Postfach flattern. Sehr schnell ermüdet man auch als hartgesottener Kunstbegeisterter, sei es als Sammler*in oder als Künstler*in.

Als Künstler interessierten mich schon immer die aktuellen Strömungen in der zeitgenössischen Kunst. Ich habe 1992 an der Hochschule für Gestaltung im Gründungssemester mit dem Studium der Medienkunst begonnen. Früh habe ich mich für neue Formen in der Kunst interessiert, als Künstler insbesondere für die Video- und Klanginstallation und eine neue Form, die ich Situation mit Geruch genannt habe.

Wenn ich mir Kunstwerke anschaue, die auf den Plattformen hicetnunc.xyz, foundation.app, makersplace.com oder superrare.co gezeigt werden (um nur einige „Ausstellungsorte“ zu nennen), so sind diese in einer Blockchain als NFTs per Zertifikat hinterlegt. Ich schaue mir also das originale Kunstwerk auf meinem Computerbildschirm an, auch wenn ich in Zeiten von Corona während der Ausgangssperre auf meinem eigenen Sofa sitze und nicht in die Museen, Galerien und Kunstvereine gehen kann. Das hat für mich einen besonderen Reiz, denn ich schaue mir ja nicht die Kopie, das Foto oder die Dokumentation einer Malerei, Skulptur, Installation oder eines Filmes an, sondern das Original.

Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass mich nur sehr wenige NFT-Kunstwerke ansprechen oder begeistern. Aber es gibt diese durchaus, und das Entdecken eines solchen Werkes ist es manchmal wert, dass ich mich durch Hunderte, ja Tausende von Arbeiten in rasendem Tempo geklickt habe. Ich denke aber auch, dass wenn die Pandemie überwunden ist, und ich wieder Ausstellungen, Biennalen und Messen besuchen kann, der Reiz von NFT-Kunstwerken abnehmen wird. Ganz verschwinden wird er aber bestimmt nicht.

(= Smiley Face =) by Cazé Teko

fk: von nicht wenigen künstlerinnen und künstlern wird aktuell mit viel engagement in richtung NFTs polemisiert. man bezeichnet diese gerne als turbokapitalistische, sinnentleerte, reine spekulationsobjekte in denen das schlechteste aus der kunst akkumuliert. wie nimmst du das phänomen derzeit wahr?

tz: Die Kritik kann ich verstehen, da auf dem Gebiet der NFTs sehr viel Spekulation im Spiel ist. Auch die aberwitzigen Kursschwankungen der Kryptowährungen verstärken diese. Andererseits gibt es aber auch in der sogenannten traditionellen Kunstwelt viel Spekulation, ich erinnere nur an die nach Jerry Saltz benannte Blase des Zombie Formalismus in der abstrakten Malerei.

Ich persönlich habe bisher nur sehr wenig teure als NFT hinterlegte Kunstwerke gefunden, die mich wirklich interessieren. Eigentlich gar keine. Momentan sind die Arbeiten, für die ich mich als Sammler interessiere im Vergleich zum Durchschnittspreis der auf einer Art Basel gehandelten Werke geradezu absurd preiswert. Dies kann sich natürlich auch schnell ändern. Wir Künstler*innen haben darauf meist keinen Einfluss und sind oft die Leidtragenden dieser Spekulationsblasen. Hier sehe ich aber keinen Unterschied zwischen NFT- und herkömmlicher Kunstszene, nur dass die erstere noch in den Kinderschuhen und wahrscheinlich in einer Art anfänglichem Hype steckt.

Kritik an NFT-Kunst sehe ich vor allem bezüglich des Umweltschutzes als gerechtfertigt an. So verbraucht das Herstellen eines einzigen NFTs auf der Etherum Blockchain sehr viel Energie. Es gibt aber Konzepte, die diesen Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren, so das „Minten“ auf der Tezos Blockchain für die Hicetnunc.xyz Plattform.

fk: welches sind deine derzeitigen lieblingsstücke und von wem? 

tz: Mich interessieren zum einen vor allem künstlerische Arbeiten, die den spezifischen Möglichkeiten von NFT-Kunst gerecht werden. Dies sind Werke, die bisher der Medien-, Netz- Videokunst zugeordnet wurden. Arbeiten, die ich am Bildschirm wirklich als Originale erfahren kann. Hier sind die Möglichkeiten noch nicht erschöpft, und ich entdecke jeden Tag neue Arbeiten und Konzepte, die diese Möglichkeiten ausloten. Auch spannende interaktive Konzepte. Zum anderen interessieren mich digitale Kunstwerke aus den letzten 20-30 Jahren, die auf den aktuellen Plattformen auftauchen, die aber in der Vergangenheit schwer zu rezipieren waren, weil die Foren hierfür fehlten oder ein Schattendasein führten.

INFINITE LAND –
infinite land of thousands and thousands and thousands of digital dreams. for the 552 × 736 2021 by @renatachebel. #OBJKT4OBJKT #cleanNFT #NFTart #NFTartist #womenoftech #tezos $xtz

fk: wie findest du reizvolle neue NFTs und wo? 

tz: Zunächst musste ich mich eine ganze Weile lang im Dschungel der verschiedenen Blockchains und Plattformen zurechtfinden und war enttäuscht, nichts Interessantes zu finden. Erst nach und nach habe ich Künstler*innen gefunden, die in dieser Szene aktiv sind und die mich wirklich begeistern. Meist sammeln wir Künstler*innen auch selbst die Arbeiten der anderen, und so konnte ich mich von einem zum nächsten Hangeln und habe so schnell Einblick in spannende Welten gefunden. Während dieses Prozesses habe ich auch Einblick in Bereiche gefunden, die ich in den Museen und Galerien eher selten gesehen habe, Bereiche aus der Illustration oder animierte GIF-Kunstwerke, Stop Motion, Glitch Art, Kunst die auf Videospielen basiert, you name it… auch Werke von Künstler*innen aus Gegenden dieser Welt, die in unserem westlichen Kunstkanon nur ganz selten auftauchen.

fk: du produzierst auch selber NFTs, welches sind deine aktuellen Arbeiten?

tz: Während der Pandemie habe ich zunächst eine Passion für das Malen von Aquarellen entwickelt. Viele meiner geplanten Ausstellungen und Messebeteiligungen waren abgesagt worden, und so machte es mir wenig Sinn, große Arbeiten zu malen, die mein Kölner Atelier blockierten. Die Arbeit an den Aquarellen hatte etwas Erfrischendes, etwas Leichtes und Befreiendes… zur Not konnte ich bei Ausgangssperren diese Arbeiten auch zuhause, in der Natur oder irgendwo anfertigen, wo ich auf Grund von Reisebeschränkungen gestrandet war. Und es war eine Herausforderung in diesem klassischen Medium etwas zu malen, das heute seine Daseinsberechtigung hat.

SoIsingthesongoflove – Julia set generated from a watercolor by Thomas Zitzwitz

Gleichzeitig wuchs auch die Zeit, die ich allabendlich vor meinem MacBook verbrachte. Hier stieß ich auf die NFT-Mania und dies war wie ein Sog für mich… zunächst konsumierte ich nur, kaufte und sammelte NFTs bis ich mich an meine eigenen ersten Versuche wagte… hierfür wollte ich etwas Neues machen und zunächst eher nicht meine früheren medialen Arbeiten benutzen. So berechnete ich aus meinen aktuellen Aquarellen sogenannte Julia Sets, die ich dann in kleiner Auflage für einen symbolischen Betrag für einige Tezos auf der mir am umweltfreundlichsten und künstlerisch auch interessantesten erscheinenden Plattform hicetnunc.xyz stellte. Im Nu waren diese verkauft und interessanterweise lernte ich hierüber wieder Sammler*innnen kennen, die an meinen Malereien interessiert waren… Vor allem konnte ich mich aber auch hierüber mit andere Künstler*innen austauschen, auch Dank dem neuen Clubhouse-Phänomen und der Twitter-Rennaissance…

fk: vielen dank für das gespräch und die damit verbundenen einblicke.

Anmerkung aus der perisphere: Um auf der Plattform hicetnunc.xyz eine der genannten Arbeiten zu erwerben braucht Ihr eine Tezo-taugliche Wallet (eine art Portemonnaie) für Eure Cryptowährung, in diesem Fall dann eben Tezo (Handelskürzel ist XTZ). Diese Währungen könnt ihr auf Plattformen wie crypto.com oder coinbase.com im Tausch gegen Fiatwährung (Euro, Dollar) erwerben. Wallets gibt es unter anderem als Browserextensions unter templewallet.com oder walletspire.com, außerdem auch als Desktop-Applikationen wie etwa https://cryptonomic.tech/galleon.html.
Und bitte: Alles was ihr tut, macht Ihr natürlich auf eigenes Risiko.

Mehr Infos zu Thomas Zitzwitz, seiner Arbeit und seinen NFTS finde ihr auf seiner Webseite http://www.zitzwitz.com/ und auf Instagram.com.

Links zu seinem neuesten NFT https://www.hicetnunc.xyz und hier zu seiner NFT-Sammlung auf https://www.hicetnunc.xyz/