flip_to_frontNBDBKP, TEIL II: IM GESPRÄCH MIT NIELS BETORI DIEHL

Getreu dem Motto Ladies first, hatte ich vergangenes Jahre zu erst Barbara K. Prokop den weiblichen Part des NBDBKP Duos zu Gast. Herausgekommen ist dabei ein ganz wunderbares Interview an das ich immer noch gerne denke.
Und weil hier in der perisphere alles ganz langsam geht, wir eh nicht primär für die Gegenwart, sondern vor allem immer für die uns Nachfolgenden, die Zukunft und die Ewigkeit – so viel Pathos muss sein – arbeiten, kommt nun ganz in Ruhe, aber immer noch rechtzeitig zum morgen anstehenden Midterm Massaker Wahlen in den USA das Gespräch mit Niels Betori Diehl, Barbaras dynamischem Partner on fire.

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Heiligenhäuschen: Becker-Schmitz und Frank Thon

Der Fotograf Frank Thon hat in den vergangenen Monaten mehr als 120 Heiligenhäuschen in den Kreisen Kleve und Wesel aufgesucht. Becker Schmitz hat einzelne Orte medial bespielt. Das Ergebnis dieser Ausflüge ist auf der Webseite das-heiligenhaus.de zu sehen und war die Basis für unser Gespräch über die Verbindung von alten und neuen sowie digitalen und analogen Glaubenssystemen.

fk: Wie findet ihr die Heiligenhäuschen?

ftbs: Zu Beginn war das eher eine Art bewußt machen und verinnerlichen. Dass sie so weit verbreitet sind wurde erst mit der Zeit klar. In erster Linie hat es dazu geführt, erst einmal die Heiligenhäuschen zu rekapitulieren, die Frank kannte. Er hat diese Recherchearbeit sowie die Suche der Orte auf eigene Faust durchgeführt. Durch das Aufsuchen und Dokumentieren der Orte entstanden immer wieder Begegnungen mit Menschen, die auf weitere Standorte verwiesen haben. Zusätzlich gibt es seit Februar die Möglichkeit via Mail Kontakt auf zu nehmen. So wurden uns zahlreiche neue Standorte übermittelt. Überhaupt ist die Resonanz und Wertschätzung, die dieser Arbeit entgegengebracht wird, enorm. Am meisten überrascht und gefreut hat uns ein unaufgeforderter Dankesbrief, des Weihbischofs Lohmann aus Xanten.

fk: Welche Projekte sind aktuell geplant? Gibt es Kooperationen?

ftbs: Seit März arbeiten wir an einer musealen Ausstellungskonzeption. Wir wollen hier sowohl die kulturhistorischen Bezüge aufzeigen als auch unsere künstlerische Konzeption in ein Museum bringen. Es gibt erste Gespräche aber es ist noch zu früh, um einen konkreten Ort und eine Zeit zu benennen.

Auch eine Publikation ist in Arbeit. Im Kern soll es ein Bildband werden, der sich den Fotografien von Frank widmet und die Heiligenhäuser im Stil der neuen deutschen Sachlichkeit dokumentiert. Er soll aber auch einen Blick auf Erbauer und die Geschichten, die hinter den Heiligenhäuschen stehen, aufzeigen. Ein kunsttheoretischer Essay, soll das Phänomen Heiligenhaus diskutieren und neue Betrachtungsweisen befördern.

Hl. Brigitta von Schweden, Foto: Frank Thon
9 von 120 dokumentierten Heiligenhäuschen, Fotos: Frank Thon

fk: Kann man sich für eine Kooperation bewerben?

ftbs: Selbstverständlich! Wir haben erst kürzlich eine Installation in Kranenburg realisiert, die sich mit dem regionalen Bürgerverein ergeben hat. Wir stehen Kooperationen und Ausstellungsorten offen gegenüber und freuen uns auch über neue Impulse und Künstler, die mit uns in Resonanz gehen wollen.

Audioreactive Mapping on Random Woodbars And Matt Mottels is Playing them in Berlin
Audioreactive Mapping On Oilpainting

fk: Kunst, Digitalität und Religion sind drei große Glaubenssysteme. In den von euch bespielten Heiligenhäuschen kommen alle zusammen. Wie geht ihr mit den Ebenen um, welche Bedeutung haben sie für euch?

ftbs: Indem wir Dogmen ablegen und unsere Neugier, Toleranz und Offenheit für alle „Glaubenssysteme“ als Einstieg in ein Erfahren und Erleben für die Sache nutzen. Für Frank und mich ist es ein Prozess der Erweiterung, ohne die Einzelnen „Systeme“ als gut oder schlecht zu verstehen. Nicht nur im Neuen kann etwas Fremdes liegen, auch alte Brauchtümer wie Heiligenhäuschen können uns fremd und seltsam vorkommen. Es geht im wesentlichen darum, sich dem Fremden zu stellen und den Blick zu weiten. Das gilt natürlich auch für neue Technologien, die Becker für die Kunst erprobt und für die langen Wanderungen, die Frank unternimmt, um die Heiligenhäuschen aufzusuchen.

Mapping on Woodbars Kranenburg

fk: Unter anderem schreibt ihr, ihr wollt einen Dialog zwischen jung und alt, fremd und verwurzelt eröffnen. Warum ist euch das wichtig? Wieso seht ihr hier Bedarf?

ftbs: Das klingt erstmal so, als würden wir uns auf diese Punkte beschränken. Vielmehr ist es aber eine Haltung der Offenheit, die wir in dieser Arbeit praktisch erfahrbar machen. Frank als Fotograf und Becker als bildender Künstler gehen hier in eine Art Wechselwirkung miteinander und natürlich mit dem Motiv. Wir leben oft in einer begrenzten „Bubble“ , die uns als Referenz für Wirklichkeit und Wahrheit dient. Diesen Horizont zu erweitern und zu entgrenzen bedarf einer gewissen Motivation und Bereitschaft. So werden die religiösen Kleinstbauwerke zum Anlass für einen Prozess, den man als Dialog zwischen all diesen Komponenten verstehen kann.

An dieser Stelle müssen sich die Leser folgende Situation vorstellen. Schon allein während des Aufbaus kommt man relativ zwanglos mit fremden Menschen ins Gespräch. Plötzlich ergibt sich eine Situation, in der man beobachtet wird wie man einem Ort mit großer Wertschätzung begegnet, der für das Gegenüber eine besondere Bedeutung hat. Das ist dann eine Basis für Dialog, die wir befördern wollen und für die wir tatsächlich auch einen Bedarf sehen. Dem gegenüber stehen ideologischen Grabenkämpfe, die insbesondere auf Internetplattformen wie Facebook etc. stattfinden und überwunden werden müssen. Deshalb ist es wichtig statt hinter der Tastatur das trennende zu forcieren, vor der Haustüre das verbindende zu Suchen.

Random Rectangles Oberhausen

fk: In eurem Text auf der Website beschäftigt ihr euch mit den Widersprüchen unserer Gegenwart die sich unter anderem in lokal und global, digital und analog, Zukunft und Vergangenheit manifestieren. Wie nehmt ihr diese gesellschaftlichen Strömungen derzeit wahr?

ftbs: Es gibt nicht nur die Menschen, die eine posthumanistische KI-Welt postulieren und darauf hinarbeiten. Es gibt auch die, die diese neue Wirklichkeit erkennen und leben, aber auch in ihrem frisch restaurierten Oldtimer um die Ecke kommen und einen Schrank voller Schallplatten zu Hause haben. Die Welt ist und bleibt im Fluss und voller sinnlicher Eindrücke, die wir verarbeiten. Dies war nur ein Beispiel von vielen und die Geschichte zeigt uns in zahlreichen Facetten, dass es eine Form der ästhetische Renaissance gibt. Vielleicht entspringt das einer Romantik und einem Begehren, die scheinbar tief in uns verankert sind. Wobei es ein Blick in die Glaskugel ist, welche ästhetische Strömung sich als nächstes herausstellt. Das ist die Ästhetische Komponente.

Insbesondere für Frank ist auch die soziale Komponente dieser Arbeit wichtig. Hier zeigt sich ein ländlich traditionell geprägtes Motiv, dass sich dem Zeitgeist entzieht und somit zeitlos ist. Die Heiligenhäuschen sind auch Zeugnis für eine Verflachung von Hierarchie, weil die Gläubigen die Heiligenhäuschen aus einem inneren Antrieb heraus bauen. Dies geschieht ohne Weisung von oben. Dennoch finden die Heiligenhäuschen in der Liturgie statt wie zum Beispiel bei einer Prozession die durch die Kirche selbst durchgeführt wird.

Künstlerisch zeigt sich die Faszination für Traditionelles und Neues auch in den Arbeiten von Becker. Die Installationen werden real gebaut und als Scan in einen Datensatz transformiert, der dann als Grafik für eine Licht oder AR-Projektion auf der Installation selbst stattfindet. Jeder Arbeitsschritt ist von Bedeutung und wird zur Bedingung für das finale Werk. Ebenso gilt das für die Fotografie von Frank, der hier ein auf handwerkliches Know-how und eine künstlerische Tradition zurückgreift, wenn er Lichtmessung durchführt und den Bildraum festlegt, bevor er auf den Auslöser drückt.

fk: Was reizt euch an der Verbindung zwischen analoger und digitaler Ästhetik, lässt sich das überhaupt definieren?

ftbs: Bezogen auf die Heiligenhäuschen ist es sogar mehr als das. Hier erleben wir die Verbindung von zwei Menschen die völlig unterschiedliche Ansätze verfolgen und bereit sind, sich aufeinander ein zu lassen. Generell und bezogen auf die Arbeit von Becker lässt es sich wie folgt beschreiben: es gibt einen Rahmen für Präsentationsformen, die eine Rezeptionsästhetik vermitteln können und in diesem speziellen Fall an ein technisches Gerät wie unser Smartphonedisplay oder einem Projektor gebunden sind. Diese Rezeptionsästhetik wird dann ein wichtiger Parameter für die Verwendung und Konzeption in einem Kunstwerk. Aber das ist eine grundsätzliche Angelegenheit, über die wir uns als Kunstschaffende bewusst werden müssen. Jeder Display, ob Leinwand, Plasma oder die Oberfläche einer Skulptur ist immer ein immanenter Bestandteil des Kunstwerks selbst, dass mit uns kommuniziert. Es ist also eine Sichtweise auf die Rezeptionsästhetik und die Bewusstmachung von Materialität, die alles zum Kunstwerk machen kann. Analog wie digital.

RGB-Mapping on Painting and Space Becker Schmitz Studio

fk: Becker Schmitz, du kommst wenn ich das richtig sehe, aus der Malerei, woher stammt die zunehmende Begeisterung fürs Digitale und seit wann geht es bei dir verstärkt in die Richtung?

bs: Ja, ich komme aus der Malerei. Habe aber schon immer interdisziplinäre Projekte verfolgt. Zudem sehe ich mich nicht als Künstler, der digitale Medien oder Digitalisierung selbst zum Inhalt macht.

Ich stelle mich vielmehr einer Wirklichkeit, die mich neugierig macht und frage mich, ob ich eine Sache für die Kunst urbar machen kann. Diese Haltung und Neugier ist also Antrieb, mich mit großer Skepsis und Freude in etwas neues vorzuwagen. Das ich genau in diese Zeit hineingeboren wurde, ist schlichtweg Zufall. Auch in der Malerei habe ich mich stets für Maltechnik und Maltechnologie interessiert und habe einen sehr wissenschaftlichen Blick auf Arbeitsprozesse.

fk: Becker Schmitz, du arbeitest aktuell an einem Projekt für das Lehmbruckmuseum, wie ich auf facebook gesehen habe. Was machst du da und was hat es mit ‚me and my machine’ auf sich?

bs: Me and My Machine ist der Titel für eine Gruppenausstellung, die im Lehbruckmuseum stattfindet. Hier zeigen Künstlerinnen und Künstler eine Ausstellung, die neue digitale Wege in der Kunst erprobt und als eine Bedingung für Skulptur erfahrbar macht.
Ich habe hierfür eine Augmented Reality Projektion mit realen Skulpturen kombiniert.

Installationsansicht Lehmbruckmuseum „me and my machine“

fk: Becker Schmitz, die Farben deiner Bilder näheren sich RGB Farben an. Du experimentierst und arbeitest mit Augmented Reality and Projektionen. Ist Kunst, die nicht leuchtet, überhaupt noch zeitgemäß?

bs: Was zeitgemäß ist, lässt sich immer erst im Nachgang verorten, viel wichtiger ist doch, dass ein Kunstwerk zeitlos ist. Die RGB Farben sind ein Abbild der Gegenwart und fließen auch in meine Malerei ein, weil sie einer Farbästhetik unser Gegenwart entsprechen. Sie sind aber auch ein begrenzter Rahmen, den es zu entgrenzen gilt. Ein direkter Zugang in unsere gegenwärtige Farbwahrnehmung, die sich über digitale Displays etabliert hat aber durch die Malerei und Kunst neu gedacht werden kann. Meine Malerei ist also eine Form des visualisierten Denkens und ich resümiere und entgrenze sie, um aus der platonischen Höhle herauszutreten.

fk: @beckerschmitz und @frankthon: Hypethema NFT. seit ihr dran? Wie steht ihr dazu?

ftbs: Das ist ein Hypethema, ja. Vordergründig sollen so digitale Originale authenifiziert werden. Bei genauerem Blick stellt sich heraus, dass dies eher ein Hebel für den gegenwärtigen Kunstmarkt ist.
Vorerst komme ich zu dem Schluss, dass die NFT Kunst eine begrenzte Kunst ist und nicht dem Erkenntnisgewinn dient, sondern dem Markt.
Nichts desto trotz widme ich mich zur Zeit auch den NFTs und Cryptoprojekten, um diese Kunstform neu zu denken. Ein Kunstprojekt aus Frankfurt finde ich besonders herausragend. Es nennt sich „Dadacoin“, ein Projekt von René Schohe und Il-Jin Atem Choi. Schaut einfach mal vorbei!

fk: Danke Euch vielmals für das Gespräch und die Zeit. Weiterhin viel Erfolg!

Instagram: Becker Schmitz und Frank Thon

Barbara K. Prokop

Nur selten habe ich bisher einen Künstler, oder in diesem Fall eine Künstlerin getroffen, die sich zu den politischen und ästhetischen Fragen unserer Zeit so klar äußert und deutlich positioniert. Prokops Antworten auf meine Fragen sind schnörkelos, offen, klar und fügen sich damit stringent in ihr künstlerisches Werk ein. Ihre Arbeiten erscheinen im ersten Moment nüchtern, sind aber vor allem einfach knochentrocken, konzeptuell streng bis zum Anschlag, dabei aber – oder vielleicht auch deswegen? – dennoch oft auf subtile Weise witzig.
Gemeinsam mit dem Künstler und Social-Media-Haudrauf Niels Betori Diehl arbeitet sie unter dem Label nbdbkp.
Damit sind hier eigentlich alle relevanten Links gesetzt. Ihr klickt Euch da bitte vertiefend rein und falls Ihr dann an ihrer Arbeit dran bleiben wollt hier noch der link zu ihrem Facebookfeed.

Ansonsten hoffe ich sehr, dass Ihr beim Lesen diese Interviews ebenso viel Vergnügen habt wie ich, als ich es mit ihr führen durfte.

NO ONE HAS THE RIGHT TO BE LIKED, 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 40 X 30 cm

fk: die nutzung der Arial in deinen arbeiten sticht natürlich sofort ins auge. und da ich sie ja selber konsequent einsetze, meine frage an dich, warum Arial und wie kam es zu der entscheidung für die schrift?

bkp: Ich verwende Helvetica, aber konzeptionell macht das keinen Unterschied. Mir gefällt, dass die Schrift gleichzeitig sehr bold aber auch banal ist. Es ist die Schrift, die man benutzt, wenn man keine Entscheidung treffen will – aber auch die Schrift, die eigentlich immer funktioniert. Als ich angefangen habe, mit Text zu arbeiten, habe ich mich länger mit verschiedenen Schriftarten beschäftigt, weil ich mir dachte, dass ich es mir vielleicht nicht so einfach machen sollte. Letztendlich habe ich mich entschlossen, dass diese Schrift gerade wegen ihrer gewordenen Langweiligkeit und ihrer gleichzeitigen Fähigkeit, einen über den Kopf zu hauen, so sehr in die Gegenwart passt.

fk: hahah, da habe ich mich ja direkt zum einstig mal ordentlich blamiert … 🙂 woher stammt das material für deine skizzen arbeiten, du erwähntest einiges stamme aus onlineshops?

bkp: Ja, die Zeichnungen aus der Serie ITEMS FOR THE GREAT RESET basieren auf Gegenständen, die ich auf AliExpress bestelle und in Skulpturen umdeute. Billige Dinge für eine billige Zeit. 

 ITEMS FOR THE GREAT RESET (SMART NAIL ART), 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 40 X 30 cm
ITEMS FOR THE GREAT RESET (WATER BOTTLE WITH PILL BOX), 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 40 X 30 cm
– erhältlich im perisphere Shop –
 ITEMS FOR THE GREAT RESET (DOOR OPENER), 2021, pastel on paper, edition of 3, 40 X 30 cm

fk: deine arbeiten thematisieren aktuelle wende- und grenzpunkte der zeitgenössischen wirklichkeit. so etwa die us-wahl, oder auch die unterschiedlichen interpretationen des von Klaus Schwaab in die welt gesetzten begriffs des ‚Great Reset‘. wie nimmst du diese ereignisse wahr? was reizt dich an ihnen?

bkp: Ich wollte Künstler werden, weil ich dachte, dass ich dann alles hinterfragen und auf den Kopf stellen könnte. Andere Zeiten. Heute wird man Künstler, weil man Aktivist sein will. Von Anfang an habe ich immer instinktiv das gemacht, was ich eigentlich nicht hätte tun dürfen. Sehr oft wurde mir das erst im Nachhinein klar. Ich fing früh an, zu bemerken, dass das Spektrum von dem, was ich nicht machen durfte, immer größer wurde, und dass das, was erwünscht und gefördert wurde, nicht das war, was mich interessierte. Da habe ich erst versucht, mich für das eine oder andere Modethema zu begeistern – oder zumindest habe ich versucht, zu verstehen, was an dem Thema möglicherweise dran war. Mir wurde aber auch immer stärker bewusst, dass das, was von mir erwartet wird, eine Art Propagandakunst ist, und dagegen habe ich eine wahnsinnige Allergie. Kunst muss die aktuelle Zeit erfassen, aber sich deshalb auch mit ihrem historischen Kontext auseinandersetzen, um im Idealfall heute wie in 200 Jahren relevant zu sein. In Bezug auf Deine Frage, beschäftige ich mich seit einiger Zeit sehr intensiv mit dem, was gerade in den USA passiert. Seit der letzten Wahl ist das so spannend und wahnsinnig, dass Netflix eigentlich dicht machen kann! Mein Interesse dafür hat begonnen, weil ich mich für Strategien interessierte, wie mit Cancel Culture umgegangen werden kann. Die Amerikaner können das gut, und da ich und Niels Betori Diehl, mit dem ich unter dem Akronym NBDBKP zusammenarbeite, auf verschiedenen Ebenen immer wieder Begegnungen mit Cancel Culture hatten – schon lange bevor der Begriff allgegenwärtig wurde – war dieser Blick auf die USA sehr erfrischend. Als Künstler finde ich diese Debatte überhaupt das Wichtigste: Man kann nicht arbeiten, wenn man nicht frei reden darf. Die Kunst muss heute als wirklich letzter Ort, an dem man noch irgendetwas sagen kann, erhalten bleiben. Ansonsten ist es überall korrekt und kastriert geworden, und das ist der tot von allem. So habe ich mich auf die Untersuchung der Medien und deren Mechanismen der Meinungsbildung gestürzt, und auf die Durchforstung der alternativen Medien. Von meiner linksliberalen kanadischen Artigkeit hatte ich mich eh schon lange verabschiedet, und so konnte ich einen Mengen Spaß haben. 

A VOTE FOR BIDEN, 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 60 X 40 cm

fk: deine abeiten thematisieren politische ereignisse und prozesse, was hälst du generell von politischer kunst?

bkp: Ich finde politische Kunst super, wenn sie einem nicht vermitteln will, was man zu denken hat. Wenn sie unbequeme Fragen stellt und den Betrachter selbst zum Denken auffordert. Die meiste „politische Kunst” gibt nicht nur die Richtung an, sondern auch genau, wo der Betrachter hin soll. Das ist nicht nur langweilig, sondern auch unethisch. Ich beschäftigt mich schon von Anfang an damit, was es eigentlich bedeutet, politische Kunst zu machen, wer die Macht besitzt, etwas zu sagen, und wie man überhaupt politische Kunst machen kann, wenn alle in die gleiche Richtung denken. Bereits vor 15 Jahren habe ich versucht, “rechte“ Kunst zu machen – etwas ziemlich Unmögliches, weil so etwas immer als linke Kritik von rechts gelesen wird. Kunst von rechts ist gar nicht vorgesehen. Damals empfand ich es eher als Spaß, jetzt aber finde ich es einfach nur schrecklich, dass wir alle dazu genötigt werden, in die gleiche Richtung zu marschieren. Die viel beschworene Diversität schneidet letztendlich in der Kunst ganz schlecht ab, denn was nutzen uns die unterschiedlichen Hauttöne, die unterschiedlichen Pronomen, oder die 300 Genderidentitäten, mit denen wir ins Bett gehen können, wenn am Ende alle das gleiche denken? 

TRUST US, 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 40 X 30 cm 

fk: wir erleben seit einiger zeit eine starke repolitisierung von kunst, und in diesem zusammenhang eine sehr offensive nutzung von kunstfreiheit um ideologische botschaften zu vermitteln. wie nimmst du diese politisierung des kunstbetriebs wahr? ist das für dich von relevanz?

bkp: Das ist gerade das größte Problem. Als ich Kunst studierte, kam ich irgendwann zu dem Punkt, zu dem wahrscheinlich die meisten Künstler irgendwann kommen, wo ich mich fragte, ob der Beitrag, den ich durch Kunst leisten kann, groß genug ist. Mit der Frage habe ich mich jedoch nur ziemlich kurz beschäftigt. Mein Schluss war, dass ich Kunst an und für sich sehr wichtig finde. Mir scheint es als ob viele Künstler bei der Frage stecken geblieben sind. Das ist aber nur Teil des Problems. Das andere, viel größere Problem, hat mehr mit dem Kunstbetrieb zu tun: Einfach zu verstehende, woke Gutmenschenkunst verkauft sich auf allen Ebenen gut, und daher ist es auch eine solche Herausforderung, diesen Reflex, sich ihr zu verschreiben, loszuwerden. Künstler, die aus bürgerlichem Hause kommen, können das Gefühl genießen, einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, befreit von der Schuld, nicht etwas sozial Relevanteres zu tun. Die öffentlichen Förderstellen freuen sich dabei, jemanden zu haben, der für sie die notwendig Arbeit der politischen Propaganda übernimmt, die ja deren Daseinsberechtigung darstellt. Und während Cancel Culture die Gelegenheit bietet, jemand anderen zum Beispiel als Rassisten hinzustellen, um die eigene fragwürdige Vergangenheit zu verbergen, bietet der Markt woke Kunst geradezu als Instrument an, um die eigene Unschuld zu bekunden. Das hat etwas Unheimliches. Was das mit der Kunst macht, kann man am besten bei der Documenta beobachten, aber auch auf den zahlreichen Biennalen, wo vorhersehbar jedes Thema abgehakt wird und sichergestellt wird, dass sich bloß niemand traut, das Ganze infrage zu stellen, da die wenigsten sich leisten können, doch auch irgendwie als rassistisch oder sexistisch oder homophob zu gelten. Wir leben in einer Zeit, in der Macht nach vermeintlichem Opferstatus verteilt wird, und das natürlich auch nur an der Oberfläche. Die Kunstwelt fördert gerne eine Zeit lang jene, die sie als Opfer verstehen wollen und als solche taugen. Nicht allzu lange dauert es aber, bis ihre Opfergruppe nach ein paar Ausstellungen und ein paar trendy Parties wieder in die Ecke geschoben wird, weil jetzt die nächste Gruppe an der Reihe ist. Kunst ist nicht nett, soll sie auch nicht sein. Sie soll herausfordernd und kompromisslos sein, und nicht jeder soll sie gleich verstehen können. Es muss schon genügend Arbeit hineingesteckt werden, um sich einen Zugang zu erlangen. Kunst soll uns weiterbringen, aber in ihrer aktuellen Rolle als pseudo-politische Pseudokunst kann sie dies keineswegs. 

fk: welche quellen nutzt du um das geschehen in den USA aktuell zu verfolgen? hast du ein paar gute links und tips für uns?

bkp: Haha, ja gerne. Ich höre mir viele Podcasts, Interviews und Analysen an. Ich versuche, mir nie nur Clips anzuschauen und mir wirklich das ganze Segment anzuhören. Ich verschaffe mir dadurch einen genaueren Einblick in die Leute, die im Mainstream als problematisch gelten. Ich habe mit The Rubin Report angefangen, ich empfehle ihn auch heute noch als Einstieg. Inzwischen ist sein Beitrag zur Erweiterung der Debatte schon fast historisch: Vor fünf Jahren begann sich der schwule kalifornische Liberal Dave Rubin gerade vom progressiven Lager abzuwenden und aus seiner Garage, die er als Fernsehstudio umfunktioniert hatte, Interviews mit Figuren zu führen, die als „Alt-Right“ verschrien wurden. Momentan folge ich regelmäßig James Lindsay, Tucker Carlson Tonight und The Mark Levin Show über Facebook oder YouTube, Andy Ngo auf Twitter, und den Podcasts The Ben Shapiro Show, The Jordan B. Peterson PodcastRudy Giuliani’s Common SenseThe Megyn Kelly Show, Candace Owens’ Podcast CandaceVerdict with Ted CruzThe National Pulse with Raheem KassamThe Ayaan Hirsi Ali PodcastThe Larry Elder Show, Glenn Loury und John McWorther auf The Glenn Show, Gad Saad auf The Saad Truth und, nicht zuletzt, Bannon’s War Room. Was man sofort bemerkt, wenn man sich mit „der anderen Seite“ beschäftigt, ist, wie offen und entspannt die Leute sind. Sie versuchen sich nicht gegenseitig zu zerstören oder zu entblößen. Wenn sie ein Interview mit jemandem führen, der gerade frisch dem Aggro-Linken-Milieu entflohen ist, müssen sie die Person erst einmal beruhigen und ihr klar machen, dass sie über alles offen sprechen darf, ohne attackiert zu werden. 

On earth for 36 hours and stuck to a wall. 2018, 20×15 cm

fk: zuweilen frage ich mich ob die kategorien links/rechts überhaupt noch greifen. es ist ja manchmal gerade so als würde man alles im spiegel betrachten müssen um es richtig erkenne zu können. aber lassen wir die meta-ebene mal beiseite, im großen und ganzen verstehe ich etwa worauf du hinaus willst. was mich interessieren würde, was könnte eine „rechte“ kunst ausmachen? ich weiß, das ist schwer zu beantworten, aber eventuell lohnt sich der versuch. lassen sich merkmale dafür finden, sind es themen oder könnte es auch eine ästhetik der rechten kunst geben?

bkp: Ich empfinde Kategorien von Rechts und Links schon länger nicht mehr als zutreffend, und es erscheint mir eher altmodisch, in diesen reinen Kategorien zu denken. Man muss auch die unterschiedlichen Kontexte und die historischen Hintergründe unterschiedlicher Gesellschaften verstehen, bevor man überhaupt beginnen kann, mit solch groben Begriffen zu operieren. Was man in Europa unter Links versteht ist nicht unbedingt das, was man in den USA darunter versteht, oder zumindest bis vor kurzem verstanden hat, als Linke noch eine liberale Haltung vertraten. Bis vor kurzem verband man dort Links noch mit den Hippies und Punks der Sechziger und Siebziger, mit einem irgendwie sympathischen und unschuldigen Aussenseitertum. Jetzt, mit der allgegenwärtigen Cancel Culture und der aggressiven Kultur der Wokeness, nähern wir uns schon den Experimente an, die im 20. Jahrhundert für mehr Tod und Leiden gesorgt haben als irgendeine andere Ideologie in der Geschichte. Zensur und Selbstzensur gehören mittlerweile in den USA zum Mainstream, und wie immer geht es um Macht und Unterwerfung Andersdenkender. Das Positive, das sich daraus entwickelt, ist ein stetig wachsendes Sammelbecken all derer, die sich gegen autoritäre Tendenzen äußern. Von ihnen sind übrigens viele links, prominente Beispiele sind Glenn Greenwald oder Bari Weiss. Man sollte sich heute überhaupt fragen, was es bedeutet, rechts zu sein. Rechts- und Linkssein hängt schon etwas davon ab, wo man gerade steht. Für die, die weit links stehen, ist so ziemlich alles rechts. In der Kunst wird längst nicht mehr hinterfragt – zumindest nicht öffentlich –, ob Rechts tatsächlich schlecht ist oder ob man vielleicht nicht beide Konzepte in einer Demokratie bräuchte. Rechts ist der Feind, und dagegen wird gekämpft. Aus dieser Kunst, die sich in erster Linie als politisches Instrument betrachtet, hat sich eine bestimmte Ästhetik herausgebildet, die sich kritisch gibt, dabei jedoch konsensverstärkend wirkt. Daher wird es nur dann spannend, wenn Kunst die dominante Ideologie ablehnt. Dann kommen dabei auch andere Ästhetiken raus. Als Denkexperiment finde ich es durchaus interessant, abzuwägen, ob es rechte Kunst geben kann, aber rechte Kunst würde ich genauso ablehnen wie linke Kunst. Kunst soll mit Konzepten spielen und sich nicht festbeißen, sonst wird sie zur Propaganda.

fk: die in meinen augen eventuell machtvollstes verschiebung derzeit geschieht wohl im netz rund um das thema NFT. blockchain und die cryptoszene waren und sind stark dominiert durch eine radikal libertäre idee von welt und märkten. ich frage mich ob hier eventuell eine gegenbewegung zu dem sich links gebenden tribalistischen kollektivismus entstehen könnte, wie nimmst du das thema wahr?

bkp: Es war schon länger klar dass zentralisierte Macht im Internet ein Problem darstellt. Jeder, der nicht brav im Mainstream mitschwimmt, kennt jemanden, der zum Beispiel schon einmal mit Zensur in den sozialen Medien konfrontiert worden ist. Aber spätestens seit Donald Trump als ehemaliger amerikanischer Präsident von allen populären sozialen Medien verbannt wurde und dann der Plattform Parler noch aufgrund ihres Einsatzes für  Redefreiheit von Amazon der Garaus gemacht wurde, ist die Lage ernst. Was auch immer man von Trump hält, muss man es ablehnen, wenn eine Handvoll Unternehmen die Macht besitzen, einem Präsidenten und gleich dazu vielen Vertretern der zweiten Partei im Land die Kommunikationskanäle abzuschalten. Das ist keine Demokratie mehr. Daran sieht man, dass es logisch und auch notwendig ist, dass sich die digitale Welt in Zukunft dezentraler gestaltet. Ich bin einerseits optimistisch, dass eine Pluralität der Macht sich positiv auswirken wird, aber das allein wird nicht helfen, den tribalistischen Kollektivismus zu überkommen. Die Leute bleiben weiterhin in ihren Echokammern. Ich glaube, dass schlechte Ideen nur durch ein Aufeinanderfolgen von Crash and Burn entkräftet werden können, aber die Anzahl derer, die dies erkennen können und den Mund aufmachen, muss wachsen.

NOT ALL ARTISTS WANT TO BE DICTATORS BUT A LOT DO, 2021, Pastellkreide auf Papier, Edition von 3, 40 X 30 cm
erhältlich im perisphere Shop

fk: lange zeit habe ich die linke als einen ort wahrgenommen, an dem autonomie und die freiheit des individuums verteidigt wurde. aus heutiger perspektive erscheint das teilweise fast schon absurd. war das illusion und täuschung oder hat sich da etwas fundamentales verschoben?

bkp: Das ist eine wichtige Frage. Ich würde sagen, dass es sich ganz stark verschoben hat heute, im Verhältnis dazu, wer damals links war – nicht im Sinne von Linksaußen. Bis dahin, wo Linkssein als etwas verstanden wird, bei dem es gilt, dass man sich gegenseitig in Ruhe lässt, kann ich mitgehen, aber eine solche Haltung würde man heute als konservativ bezeichnen. Das ist für viele schwierig zu akzeptieren: Links klingt netter, progressiv klingt vorwärtsgewandt, konservativ klingt mindestens altmodisch und spießig, wenn nicht nach etwas Schlimmeren. Wenn man aber nicht will, dass sich am Ende sehr schlechte Ideen durchsetzen, sollte man im Zweifelsfall eher dorthin. Die spannendere Frage wäre, ob links grundsätzlich totalitär ist. Wie man an Religionen sieht – und die woke Linke gleicht ja einer religiösen Sekte –, endet man immer mit einem autoritären Regime, wenn man einem Konzept 100-prozentig folgt. Keine Idee sollte sich zu 100-Prozent durchsetzen. Im Idealfall vertraut man den Individuen, dass sie sich aus den unterschiedlichen Konzepten das nehmen, was für sie gut ist.   

fk: wenn ich mich so im klassisch rechten und rechtskonservativen spektrum umsehe dann scheint mir da eher wenig interesse an zeitgenössisches kunst vorhanden zu sein. das dort vorgeschobene wirkt oft doch sehr trocken, preussisch, ideologisch funktional und ästhetisch eher beim klassischen naturalismus verblieben. wie ist deine wahrnehmung dazu?

bkp: Das linke Spektrum hat die Kultur seit Dekaden fest im Griff. Das ist etwas, dass Konservativen zu spät gemerkt haben. Jetzt haben sie es aber sehr wohl gemerkt und versuchen, etwas in diese Richtung zu tun, aber das wird dauern. Sie sind oft gar nicht gebildet, was Kunst betrifft, weil Kunst schon lange nur ein gewisses, ideologisch geprägtes Publikum anspricht. Damit sich das ändert, bräuchte man beispielsweise Professoren, die Kunst wieder politisch neutral unterrichten, sodass zumindest die neuen Generationen weg von diesem linken Kitsch kommen können. Ironischerweise ist Cancel Culture das Beste, was Kunst und Kultur generell passieren konnte: Jetzt muss sich gezwungenermaßen etwas Neues in der Mitte bilden. Ich hoffe aber nicht auf eine rechte Kunst, ich hoffe auf eine (auch politisch) diverse Kunst.

fk: kunst, kultur und medien sind derzeit ziemlich stark dominiert durch ein tendenziell linkspolitisches denken, insbesondere die grünen haben hier im vorpolitischen raum in den letzten jahren wirklich ganze arbeit geleistet und fahre die ernte nun zurecht ein. die dominanz in den strukturen ist stark und aktuell scheint sich da auch wenig zu ändern. wie siehst du das perspektivisch? wird kunst, die sich nicht in die ideologischen schemata einfügt, in zukunft ein nischendasein führen? 

bkp: Ich glaube es wird irgendwann einen großen Knall geben, man sieht schon Anzeichen dafür in Deutschland, so wie man sie in der USA sieht. Die grüne Mafia in Deutschland hat ja einen historischen Hintergrund, diese Obsession mit der Natur ist eine urdeutsche Sache. Ich sehe es zum Teil aber auch als eine Art seelische Wiedergutmachung für das Grauen der Vergangenheit, was dann aber gleichzeitig ein Wegschauen von dem, was eigentlich infrage gestellt werden sollte, ist. Die Welt ist kompliziert und ein gut gemeinter Ansatz führt bekanntlich nicht unbedingt zu einem guten Ergebnis. Man sieht es ja in der sogenannten Energiewende oder in unterschiedlichen EU-Richtlinien, die entweder nicht viel bringen oder eigentlich das Gegenteil von dem bewirken, was intendiert war. Und natürlich, wie so oft, manipulieren die Medien zu sehr und machen alles noch viel schlimmer. Kunst, die sich nicht fügt, wird nicht erst zu einem Nischendasein verdammt, das ist sie schon längst. Aber vielleicht war es ja auch immer schon so, dass echte Kunst nur in Nischen zu finden ist.

fk: vielen dank für deine zeit!

bkp: Danke für deine Fragen.

FOR A MINUTE NO ONE HAD THE ANSWERS, 2020, Pastellkreide auf Papier, 210 X 165 cm

Im Gespräch mit Thomas Zitzwitz über das Sammeln und Produzieren von NFTs

Der Kölner Künstler und Kurator Thomas Zitzwitz sammelt und experimentiert mit NFTs. Die Verbindung zu ihm kam über das letzte Projekt Roland Schapperts bei David Behning zu stande, auf sein NFT Engagement bin ich dann allerdings erst eher zufällig via twitter aufmerksam geworden. Und da ich aktuell – wie sagt man derzeit so schön – ziemlich bullish bin was NFTs angeht, war ich neugierig und wollte mehr wissen. Dankenswerterweise hat sich Thomas die Zeit genommen mir ein paar Fragen zu beantworten.

Pupila Dilatada Flyer –
PSYCHEDELIC CRYPTOART SHOW MARCH 25 2021

fk: via twitter habe ich gesehen, dass du dich mit NFTs beschäftigst, sowohl als sammler als auch als produzent. ist das richtig und was interessiert dich generell am thema NFTs?

tz: Der Hype um NFTs hat bestimmt viel mit der Corona Pandemie zu tun. Zur Zeit ist es nur sehr eingeschränkt möglich, originale Kunst zu sehen. Es bleiben Online Viewing Rooms der Galerien, Messen, Museen, Instagram und Co. und eine schier endlose Anzahl von PDFs, die täglich ins Email-Postfach flattern. Sehr schnell ermüdet man auch als hartgesottener Kunstbegeisterter, sei es als Sammler*in oder als Künstler*in.

Als Künstler interessierten mich schon immer die aktuellen Strömungen in der zeitgenössischen Kunst. Ich habe 1992 an der Hochschule für Gestaltung im Gründungssemester mit dem Studium der Medienkunst begonnen. Früh habe ich mich für neue Formen in der Kunst interessiert, als Künstler insbesondere für die Video- und Klanginstallation und eine neue Form, die ich Situation mit Geruch genannt habe.

Wenn ich mir Kunstwerke anschaue, die auf den Plattformen hicetnunc.xyz, foundation.app, makersplace.com oder superrare.co gezeigt werden (um nur einige „Ausstellungsorte“ zu nennen), so sind diese in einer Blockchain als NFTs per Zertifikat hinterlegt. Ich schaue mir also das originale Kunstwerk auf meinem Computerbildschirm an, auch wenn ich in Zeiten von Corona während der Ausgangssperre auf meinem eigenen Sofa sitze und nicht in die Museen, Galerien und Kunstvereine gehen kann. Das hat für mich einen besonderen Reiz, denn ich schaue mir ja nicht die Kopie, das Foto oder die Dokumentation einer Malerei, Skulptur, Installation oder eines Filmes an, sondern das Original.

Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass mich nur sehr wenige NFT-Kunstwerke ansprechen oder begeistern. Aber es gibt diese durchaus, und das Entdecken eines solchen Werkes ist es manchmal wert, dass ich mich durch Hunderte, ja Tausende von Arbeiten in rasendem Tempo geklickt habe. Ich denke aber auch, dass wenn die Pandemie überwunden ist, und ich wieder Ausstellungen, Biennalen und Messen besuchen kann, der Reiz von NFT-Kunstwerken abnehmen wird. Ganz verschwinden wird er aber bestimmt nicht.

(= Smiley Face =) by Cazé Teko

fk: von nicht wenigen künstlerinnen und künstlern wird aktuell mit viel engagement in richtung NFTs polemisiert. man bezeichnet diese gerne als turbokapitalistische, sinnentleerte, reine spekulationsobjekte in denen das schlechteste aus der kunst akkumuliert. wie nimmst du das phänomen derzeit wahr?

tz: Die Kritik kann ich verstehen, da auf dem Gebiet der NFTs sehr viel Spekulation im Spiel ist. Auch die aberwitzigen Kursschwankungen der Kryptowährungen verstärken diese. Andererseits gibt es aber auch in der sogenannten traditionellen Kunstwelt viel Spekulation, ich erinnere nur an die nach Jerry Saltz benannte Blase des Zombie Formalismus in der abstrakten Malerei.

Ich persönlich habe bisher nur sehr wenig teure als NFT hinterlegte Kunstwerke gefunden, die mich wirklich interessieren. Eigentlich gar keine. Momentan sind die Arbeiten, für die ich mich als Sammler interessiere im Vergleich zum Durchschnittspreis der auf einer Art Basel gehandelten Werke geradezu absurd preiswert. Dies kann sich natürlich auch schnell ändern. Wir Künstler*innen haben darauf meist keinen Einfluss und sind oft die Leidtragenden dieser Spekulationsblasen. Hier sehe ich aber keinen Unterschied zwischen NFT- und herkömmlicher Kunstszene, nur dass die erstere noch in den Kinderschuhen und wahrscheinlich in einer Art anfänglichem Hype steckt.

Kritik an NFT-Kunst sehe ich vor allem bezüglich des Umweltschutzes als gerechtfertigt an. So verbraucht das Herstellen eines einzigen NFTs auf der Etherum Blockchain sehr viel Energie. Es gibt aber Konzepte, die diesen Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren, so das „Minten“ auf der Tezos Blockchain für die Hicetnunc.xyz Plattform.

fk: welches sind deine derzeitigen lieblingsstücke und von wem? 

tz: Mich interessieren zum einen vor allem künstlerische Arbeiten, die den spezifischen Möglichkeiten von NFT-Kunst gerecht werden. Dies sind Werke, die bisher der Medien-, Netz- Videokunst zugeordnet wurden. Arbeiten, die ich am Bildschirm wirklich als Originale erfahren kann. Hier sind die Möglichkeiten noch nicht erschöpft, und ich entdecke jeden Tag neue Arbeiten und Konzepte, die diese Möglichkeiten ausloten. Auch spannende interaktive Konzepte. Zum anderen interessieren mich digitale Kunstwerke aus den letzten 20-30 Jahren, die auf den aktuellen Plattformen auftauchen, die aber in der Vergangenheit schwer zu rezipieren waren, weil die Foren hierfür fehlten oder ein Schattendasein führten.

INFINITE LAND –
infinite land of thousands and thousands and thousands of digital dreams. for the 552 × 736 2021 by @renatachebel. #OBJKT4OBJKT #cleanNFT #NFTart #NFTartist #womenoftech #tezos $xtz

fk: wie findest du reizvolle neue NFTs und wo? 

tz: Zunächst musste ich mich eine ganze Weile lang im Dschungel der verschiedenen Blockchains und Plattformen zurechtfinden und war enttäuscht, nichts Interessantes zu finden. Erst nach und nach habe ich Künstler*innen gefunden, die in dieser Szene aktiv sind und die mich wirklich begeistern. Meist sammeln wir Künstler*innen auch selbst die Arbeiten der anderen, und so konnte ich mich von einem zum nächsten Hangeln und habe so schnell Einblick in spannende Welten gefunden. Während dieses Prozesses habe ich auch Einblick in Bereiche gefunden, die ich in den Museen und Galerien eher selten gesehen habe, Bereiche aus der Illustration oder animierte GIF-Kunstwerke, Stop Motion, Glitch Art, Kunst die auf Videospielen basiert, you name it… auch Werke von Künstler*innen aus Gegenden dieser Welt, die in unserem westlichen Kunstkanon nur ganz selten auftauchen.

fk: du produzierst auch selber NFTs, welches sind deine aktuellen Arbeiten?

tz: Während der Pandemie habe ich zunächst eine Passion für das Malen von Aquarellen entwickelt. Viele meiner geplanten Ausstellungen und Messebeteiligungen waren abgesagt worden, und so machte es mir wenig Sinn, große Arbeiten zu malen, die mein Kölner Atelier blockierten. Die Arbeit an den Aquarellen hatte etwas Erfrischendes, etwas Leichtes und Befreiendes… zur Not konnte ich bei Ausgangssperren diese Arbeiten auch zuhause, in der Natur oder irgendwo anfertigen, wo ich auf Grund von Reisebeschränkungen gestrandet war. Und es war eine Herausforderung in diesem klassischen Medium etwas zu malen, das heute seine Daseinsberechtigung hat.

SoIsingthesongoflove – Julia set generated from a watercolor by Thomas Zitzwitz

Gleichzeitig wuchs auch die Zeit, die ich allabendlich vor meinem MacBook verbrachte. Hier stieß ich auf die NFT-Mania und dies war wie ein Sog für mich… zunächst konsumierte ich nur, kaufte und sammelte NFTs bis ich mich an meine eigenen ersten Versuche wagte… hierfür wollte ich etwas Neues machen und zunächst eher nicht meine früheren medialen Arbeiten benutzen. So berechnete ich aus meinen aktuellen Aquarellen sogenannte Julia Sets, die ich dann in kleiner Auflage für einen symbolischen Betrag für einige Tezos auf der mir am umweltfreundlichsten und künstlerisch auch interessantesten erscheinenden Plattform hicetnunc.xyz stellte. Im Nu waren diese verkauft und interessanterweise lernte ich hierüber wieder Sammler*innnen kennen, die an meinen Malereien interessiert waren… Vor allem konnte ich mich aber auch hierüber mit andere Künstler*innen austauschen, auch Dank dem neuen Clubhouse-Phänomen und der Twitter-Rennaissance…

fk: vielen dank für das gespräch und die damit verbundenen einblicke.

Anmerkung aus der perisphere: Um auf der Plattform hicetnunc.xyz eine der genannten Arbeiten zu erwerben braucht Ihr eine Tezo-taugliche Wallet (eine art Portemonnaie) für Eure Cryptowährung, in diesem Fall dann eben Tezo (Handelskürzel ist XTZ). Diese Währungen könnt ihr auf Plattformen wie crypto.com oder coinbase.com im Tausch gegen Fiatwährung (Euro, Dollar) erwerben. Wallets gibt es unter anderem als Browserextensions unter templewallet.com oder walletspire.com, außerdem auch als Desktop-Applikationen wie etwa https://cryptonomic.tech/galleon.html.
Und bitte: Alles was ihr tut, macht Ihr natürlich auf eigenes Risiko.

Mehr Infos zu Thomas Zitzwitz, seiner Arbeit und seinen NFTS finde ihr auf seiner Webseite http://www.zitzwitz.com/ und auf Instagram.com.

Links zu seinem neuesten NFT https://www.hicetnunc.xyz und hier zu seiner NFT-Sammlung auf https://www.hicetnunc.xyz/

Gespräch R. Schappert und F. Kuhlmann im Januar 2021

als gäbe es ein Morgen, lautet der Ausstellungstitel von Roland Schapperts aktueller Show, welche die dynamische Form eines ‚gallery take over‘ in der davidbehning galerie in Düsseldorf Flingern angenommen hat. Schappert zeigt dort nicht nur eigene Werke. Er arbeitet im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten vor Ort, lädt im Rahmen einzelner Episoden Gäste zum Talk, zu (digitalen) Werkstattgesprächen, Präsentationen und zu Kooperationen ein.

Copyrights: R. Schappert und VG Bild-Kunst, Bonn 2021 

F.K.
wie geht es dir ende des jahres 2020?

R.S.
Fantastisch. Marina und ich fahren gerade nach Paris. Ein arbeitsreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Wir sitzen im Auto und ich beantworte Deine Fragen.

F.K.
du sagtest mir am telefon, dass bei dir seit 2020  – auch beeinflusst durch die veränderten produktions- und arbeitsbedingungen – leben und kunst besonders eng verbunden sind. sofort fallen mir hierbei die fluxus-bewegung oder auch die situationisten ein. vielleicht kannst du etwas genauer beschreiben, wie sich das bei dir bemerkbar macht. knüpfst du an die fluxus-bewegung bzw. die situationisten an oder siehst du andere bezüge?

R.S.
Die Strukturen des Kunstbetriebs erscheinen vollkommen auf den Kopf gestellt. Corona ist nicht die Ursache für viele der grundlegenden Probleme im Kunstbusiness, macht aber vieles deutlich und schmerzhaft sichtbar. Kunst und Kultur sind im Freizeitsektor gern gesehene Ablenkungsmittel von den Routinen des Alltags. Sie sind allerdings vorübergehend abgeschafft. Ihre mögliche Bedeutung mit Bildungsfunktion verbleibt unterhalb der Tischkante. Die inhaltliche Unsichtbarkeit der Kunst ist zu einem erheblichen Teil selbst mitverschuldet. Es ist schon merkwürdig, dass einige wenige Künstlerinnen mit Corona-Soforthilfen ausgestattet kurze Zeit mehr verdienten als je zuvor. Die meisten Akteure des Kulturbetriebs werden von ihren Ausstellungs- und Aufführungsmöglichkeiten allerdings abgehalten und können ihren Beruf nicht wie gewohnt ausüben. Es fehlt eine zusammenfassende Lobbyarbeit, um in Gesellschaft und Politik besser ins Sichtfeld zu rücken. Einige Sammlerinnen bleiben auf ihren persönlichen Budgets zum Kunstankauf sitzen, weil sie die internationalen Kunstmessen nicht besuchen können, und stürmen seitdem die Studios der angesagtesten Künstlerinnen, die sich seitdem vor Einzelbetreuungen nicht mehr retten können, so wie die am besten vernetzten Galeristinnen ihre Ware nun im Kofferraum selbst zum Kunden transportieren müssen. Andere sind längst pleite. In Paris werde ich mich nächste Woche auf die Spuren der Lettristen begeben. Das tut gut, solange noch etwas Kleingeld im Portemonnaie ist. Die Hypergraphologie des Lettrismus könnte aktuell vielleicht wieder geeignet erscheinen, um Figürlichkeit und Abstraktion mit Buchstaben und Zeichen in Gleichklang zu bringen. Ich nenne das im Rahmen meiner Arbeit mit Worten und Sätzen eine Bildwerdung der Schrift.

F.K.
du hast jetzt eine ganze menge themen angesprochen und da möchte ich jetzt doch noch mal im detail nachhaken. so ganz klar ist mir noch nicht, was du mit der mangelnden inhaltlichen sichtbarkeit der kunst meinst? geht es dir hier um eine stärkere politisierung der künste? welche inhalte wären das, die sichtbarer werden könnten?

R.S.
Die Inhalte sind individuell selbst gewählt. Das ist aber auch das natürliche Problem. Denn im Zeitalter der Singularisierung lässt sich kaum etwas zusammenfassen, was nicht einer weiteren Differenzierung zum Opfer fällt.

F.K.
du kritisierst das fehlen einer zusammenfassenden lobbyarbeit der künste und gleichzeitig weist du darauf hin, dass es durchaus profiteure der aktuellen situation auch unter den künstlerinnen und künstlern gibt. gerade die sind vielleicht gar nicht so begeistert von der idee, da etwas zu ändern und den aktuellen status quo infrage zu stellen. gleichzeitig sind die starken player am markt auch oft die mit dem größten einfluss in institutionen und politik. wie könnte man die profiteure der aktuellen situation für eine solche lobbyarbeit gewinnen? was für angebote kann man machen und ist das überhaupt möglich?

R.S.
Ich stelle es nur fest und kann es als Künstler mit meinen bescheidenen Möglichkeiten höchstens ästhetisch benennen, aber leider nicht ändern. Jeder dreht sich hier in seinem eigenen Kreis. Mit individueller Kunst kann man die kulturellen Rahmenbedingungen herausfordern und in Frage stellen. Ob das allerdings ausreichend Gehör und Augen findet, steht offen.

F.K.
zu guter letzt noch mal ganz konkret zu deiner kunst, da du deine recherchen in paris erwähnst. worte, text und bild, das sind ganz wichtige elemente deiner arbeit. was interessiert dich an der „Bildwerdung der Schrift“? warum reizt es dich, das eine in das andere zu überführen und gibt es eventuell auch überlegungen in die andere richtung?

R.S.
Nein. Bilder möchte ich nicht in Schrift überführen. Aber die teilweise Auflösung der Schrift in eine spezifische Bildlichkeit finde ich interessant. Und die persönliche und unterschiedliche Interpretation der Begriffe durch die Anmutung ihrer aufgelösten Bildlichkeit reizt mich nun mal sehr.

F.K.
eine frage in bezug auf das aktuell laufende projekt in der davidbehning gallery: viele menschen sind derzeit voller sorgen um gegenwart und zukunft, es herrscht allgemein große verunsicherung. und dennoch haben david behning und du eine ausstellung in seiner galerie eröffnet. warum gerade jetzt kunst und vielleicht noch provokanter zugespitzt: muss kunst jetzt wirklich sein?

R.S.
Kunst ist für mich kein Luxus und zählt auch nicht zur Freizeit. Sie gehört als Tätigkeit zum Leben. Warum sollte ich jetzt damit aufhören? Ich produziere nicht für den Markt, sondern versuche, Zeichen und Botschaften zu verstehen, zu formen und in die Gesellschaft zu schleusen. Für die, die es lesen möchten. Ich gehöre keiner Sabotage-Fraktion an, sondern arbeite inhaltlich mehr oder weniger konstruktiv mit eigenen ästhetischen Mitteln und in Kooperationen. In der davidbehning gallery wird bis zum 28.2.2021 weniger ausgestellt, verkauft und Fertiges präsentiert, sondern mehr Partizipation in unterschiedlichen Episoden angeregt. Wir führen Werkstattgespräche über Kunst, diskutieren Qualitätskriterien, überführen die Produktion in die Galerie, erproben Kooperationen. David bezeichnet das Konzept so: „Unter dem Motto als gäbe es ein Morgen übernimmt Roland Schappert, Künstler und Autor, die davidbehning gallery und gibt Einblicke in seine künstlerische Praxis, Kooperationen mit anderen Kunst- und Kulturschaffenden, die Bildwerdung der Schrift, Produktion von Werken und Ideen. Er lädt Gäste ein zum Talk, zum Werkstattgespräch, zu Kooperationen und zur Kenntlichmachung ihrer Positionen und Arbeiten. Ausgangspunkt des künstlerischen Prozesses von Roland Schappert sind Botschaften mit gesellschaftlichem Bezug, die sich in ihrer Mehrdeutigkeit darstellen und über unterschiedliche Medien und Kanäle mitteilen.“

Copyrights: R. Schappert und VG Bild-Kunst, Bonn 2021 

Mark Peppers Hornissen im Museum Kunstpalast und in Viersen

Mark Peppers Hornissen schwärmen in unterschiedlichen Größen und Formaten aus, um an den unterschiedlichsten Orten der Perisphere zu landen, in diesem und im letzten Jahr waren das Düsseldorf und Viersen.
Und weil wir auf Grund der ungewissen Lockdownsituation nicht einfach zu ihnen können, kommen sie zu uns:
Mark Pepper zeichnet exklusiv für Euch und Euer Zuhause eine ganz besondere Serie – zu bestellen bei uns hier im Shop.
Aber vorher gibts hier das kurze Interview in Wort und Bild.

FK: biene, wespe, hummel und hornisse, diese tierearten gehören ja irgendwie zusammen. warum hast du dich für die hornisse entschieden?
MP: Man könnte meinen es wären Hornissen, sind es aber nicht. In Wahrheit sind es Mischwesen, die so nur von uns Menschen erschaffen werden können. Sie dienen unserem Gemeinwohl.

Museum Kunstpalast | “Die Grosse” | Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf, 2019

FK: welches format haben eigentlich diese großen arbeiten, die wir hier auf DER GROSSEN im kunstpalast sehen?
MP: 152 x 202 cm

FK: sind die großen bilder derzeit noch zu haben? falls ja wo?
MP: die werden auf persönlicher Nachfrage in der entsprechenden Grösse gefertigt!

FK: schon mal überlegt eine serie mit den hummeln zu machen?
MP: Nein!

Museum Kunstpalast | “Die Grosse” | Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf, 2019

FK: die bilder waren auf einigen ausstellungen zu sehen in den letzten beiden jahren, welche waren das und welche bilder waren wo?
MP: In der Städtische Galerie im Park Viersen, 2020 und im
Museum Kunstpalast – „Die Grosse“ Kunstausstellung, 2019.

Städtische Galerie im Park Viersen, 2020

FK: was war das noch mal für eine show in viersen? wer hat die kuratiert?
MP: Kuratiert von Jutta Pitzen mehr Infos gibts bei der Rheinischen Post.

FK: ganz kurz zu den formaten. in welchen größen und auflagen gibt sie?
MP: In allen Dir erdenklichen Formaten, Größen und Auflagen.

FK: aber alle bilder werden von dir handgemalt quasi seriell handkopiert. richtig?
MP: Für Perisphere zeichne ich gerade eine Edition von 5 unterschiedlichen Hornissen mit einer Auflage von jeweils 15 Stück. Jede handgemalt, als Original. Die Größe beträgt 27,5 x 37,5 cm.

FK: lieferst du mit oder ohne rahmen aus?
MP: Immer mit.

FK: Mark, danke dir für deine zeit und schön dass du dabei bist!

Mehr Informationen zu Mark Pepper und seiner umfangreichen Arbeit findet Ihr auf seiner Webseite.

Damian T. Dziwis „return void;“

„return void;“

Als Teil der vergangenen THE WRONG Biennale installierte der Künstler, Programmierer und Komponist Damian T. Dziwis die Routerbasierte Netzkunst-Show „return void;“ mit Arbeiten von Alka Cappellazzo, Damian T. Dziwis, Marco Kempf, Kathi Schulz, Tabitha Swanson, Moisés Horta Valenzuela und Simon Zimmermann im ZKM in Karlsruhe.

„return void;“ im ZKM in Karlsruhe


Wir hatten ebenfalls einen solchen Router hier im NRW-Forum platziert und auch drüber geschrieben, wer dazu mehr wissen möchte klickt bitte hier.
Nun ist „return void;“ in der Gallery Gallery in Sofia, Bulgarien zu Gast. Aus diesem Anlass habe ich mich mit Damian über Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen, Muster und Kommunikation unterhalten.

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Facefilter

Gesichtfilter-Apps hatte ich dato aus künstlerischer Perspektive eher nicht so auf dem Schirm. Ein Tweet letzte Woche mit Hinweis auf die neue Onlinegalerie des digital3mpire sollte das ändern, denn dieser entwickelte sich etwas unerwartet in einen twitter-Chat mit Philipp Meier über Gesichtsfilter und Autorschaft.
Zum Einstig der Tweet des Anstoßes:

Worauf Philipp dann in etwa wie folgt reagierte …

philipp meier @metamythos yeppo. habs gelesen. insbesondere gesichtsfilter gehen stark in diese richtung. vielleicht (noch) nicht (sehr) politisch. aber: diese community ist spannend, global. ein‘e kreateur‘in verliert quasi die hoheit übers werk; das sich die user‘innen effektiv zu eigen machen.

philipp meier @metamythos nach pokemon go ist das DIE speerspitze für die ganze AR-entwicklung. kann dir ansonten ne gesichtsfilter-entwicklerin aus basel empfehlen, die ‚aktivistisch‘ unterwegs ist (hyperlokal)

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Götz Schramm ‚copy and paste‘

Memes sind ein Phänomen unserer Zeit und als Teil der Remixkultur zitieren sie alles, was sich irgendwie im Internet darstellen lässt, was in aktuellen Debatten vor allem Urheberrechtsfragen aufwirft. Der Künstler Götz Schramm hat sich dem Thema in seinem letzten Bildzyklus malerisch angenähert, die daraus entstandenen Arbeiten war vom 17.05.2019 – 20.06.2019 unter dem Titel copy and paste in der Galerie Anton Janizewski in Berlin-Charlottenburg zu sehen. Ich habe mich mit dem Mann über diese Ausstellung und Memes unterhalten.

installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann

FK: Die wichtigste Frage zu erst: sind memes Kunst ja oder nein?

GS: Grundsätzlich ja. Aber natürlich gibt es von Kunst viele und keine endgültige Definition.

FK: Warum hälst Du sie für Kunst?

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Photon Icon – Start des Darktaxa-Projekts

Photon Icon ist der Titel der aktuellen Show in der Galerie Falko Alexander in Köln und zu sehen bis Ende Juni 2019. Die Ausstellung ist Teil des langfristig angelegten und von Michael Reisch initiierten darktaxa Projekts.
Ich habe mich mit Michal über das gesamte Projekt und die Show unterhalten.

FK: Was war der Anlass der Ausstellung? Wie kam es zu dem Projekt?

MR: Das Ganze nennt sich darktaxa-Projekt, und die Ausstellung Photon | Icon ist offizieller Start dieser größer angelegten Sache, siehe auch darktaxa-project.net im Netz. Dort bringe ich befreundete aber auch eigens angefragte KünstlerInnen, sowie TheoretikerInnen, Galerien und Institutionen zusammen, die sich genau wie ich im Bereich Digital Imaging und „Fotografie“ bewegen oder sich dafür interessieren. Ich habe Falko Alexander dann einen Vorschlag für eine gemeinsam kuratierte Ausstellung gemacht, die im Mai 2019 realisiert worden ist.

FK: Wieso machst Du das gerade zum jetzigen Zeitpunkt?

MR: Zur Motivation muss man sagen, dass es aus meiner Sicht auf diesem Gebiet, obwohl es hochaktuell ist, eine Art von signifikanter Leerstelle gibt. Auf theoretischer Seite ist zwar sehr viel Erhellendes über diese Schnittstelle „Fotografie“ – Digitalität gesagt worden, jedoch geht es da sehr oft um „Fotografie“ im allgemeinen Gebrauch. Gleichzeitig sind auf KünstlerInnenseite eine bemerkenswerte Anzahl konzentrierter und substanzieller Werkkomplexe zur Digital-Imaging – „Fotografie“-Thematik entstanden, und niemand scheint genau zu wissen, wie damit umgegangen werden soll. Das wird nicht als „Fotografie“ gesehen, da es diese Diskurse auf dem jetzigen Stand sprengt. In die „post-digital“-Schublade passt es irgendwie rein, aber auch nicht so 100-prozentig; ja was ist es dann und wo ist der Platz dafür?

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Alex Nowak – Animal Dictionary im Parkhaus

Die aktuelle Show von Alex Nowak im Parkhaus im Malkasten ist leider vergangenes Wochenende schon zu Ende gegangen. Ich habe mich im Nachgang noch mal ganz kurz mit ihm über seine Arbeit unterhalten.

p: Alex bitte ganz kurz vorab zu Dir, wie ist dein Werdegang?

AN: Ich habe einen Bacheor in Philosophie/Kunstgeschichte an der HHU gemacht. Ich habe an der Kunstakademie Düsseldorf von 2011-2017 Freie Kunst (Malerei und Skulptur) studiert. Ein Semester war ich am Royal College of Art in London. Meine Professoren an der Akademie waren Andreas Schulze und Rebecca Warren.

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AWAKENING | DESTRUCTION

Das Künstlerduo bergernissen wurden in den vergangenen Jahren von zwei Katastrophen – eine Überschwemmung und eine Kontamination durch PCB – in ihrem Atelier und Lager überrascht. Jetzt wurden all jene Objekte, die dadurch beschädigt und kontaminiert wurden, in einer rituellen Aktion in der Gemeinde Köln versiegelt und geheilt. Die beschädigten und bis dahin nicht fertig gestellten Werke sind überwiegend im Zuge ihres künstlerischen Werdegangs und während des Studiums an der Kunsthochschule für Medien Köln entstanden und wurden nun, zum performativen Neuanfang, in einer Zeremonie abschließend bearbeitet.

Hierfür haben die beiden die kontaminierten Werke am Eröffnungsabend im ersten Schritt luftdicht verschlossen. In einem zweiten Verfahren haben die Künstlerinnen die Werke und Gegenstände mit Gips umschloßen, der die Objekte somit von der Umwelt trennt und für die Betrachter*innen unschädlich macht. Dieser performative Abschluss der Arbeiten verweist auf die Tatsache, dass einige der künstlerischen Werke erst durch die Kontamination und Zerstörung abgeschlossen sind, andere durch den Vorfall für immer in dem Zustand eines unmöglichen Abschlusses verweilen werden.

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Internet essen und trinken – Im Gespräch mit Andreas Wundersee

Ich weiß  gar nicht genau warum ich erst jetzt dazu komme das hier zu verbloggen, auf facebook aber wars wohl schon mal. Es ist wirklich arm, aber zwo18 vergisst man, d.h. ich dann eben immer mal wieder (leider!) es gibt noch ein WWW außerhalb von facebook.
Definitiv keine gute Entwicklung.

Also jetzt und hier im Blog zwei Hinweise. Erstens auf ein Podcast, den Tausendsassa Andreas Wundersee mit mir bereits vor einiger Zeit in der Bar Alexander in Unterbilk aufgenommen hat. Wir haben dort über die Kunst, die Szene, Digitalität, Realität, Augmented Reality, Künstliche Intelligenz, warum man Kinder kriegen sollte, das Ende, die Evolution und die Metamoderne gesprochen. „WZW007: Auf ein Getränk mit Florian Kuhlmann“ findet ihr hier.

Continue reading „Internet essen und trinken – Im Gespräch mit Andreas Wundersee“

Finn Wagner – a slick finish lasts forever

Mit ‚a slick finish lasts forever‘ präsentiert Finn Wagner bei Gold & Beton in Köln neue Arbeiten, die er im Frühjahr in Los Angeles entwickelte. Eine Ausstellung über Konsum, Glanz und unsere Wertegesellschaft.

Erstmalig widmet sich der Künstler nicht etwa der Video- und 3D-Kunst, sondern arbeitet rein skulptural. Unübersehbar lässt sich dennoch die ästhetische Handschrift Wagners in sämtlichen Objekten wieder erkennen. Diese wirken gleichzeitig vertraut und befremdlich: Alltagsgegenstände, Verpackungsmaterialen, Luxusgüter fast bis zur Unkenntlichkeit verzogen oder miteinander verworren. Die verwendeten Materialien bleiben unter dickem Gloss verborgen, die Hauptsache ist doch, dass es schön glänzt. mehr dazu unter http://finnwagner.de

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Wechat mit Verena Issel

Verena Issel habe ich im Februar diesen Jahres in Nürnberg kennen gelernt. Während wir mit den Aufbauten und Vorbereitungen zu unserer Showkooperation mit dem Institut für Moderne Kunst beschäftigt waren, baute sie im gleichen Gebäude in den Räumlichkeiten der Oechsner Galerie ihre Show ‚WeChat‚ (läuft noch bis 14. April) auf. Wir kamen ins Gespräch, tranken das ein oder andere Bier zusammen und stellten dabei fest, dass wir mit ähnlichem Blick auf Welt und Kunst schauen.
Und weil WeChat auch mit dem zu tun hat was hier im Blog immer wieder Thema ist, haben wir uns dann später noch mal zusammen getextet und dieses Gespräch geführt. Continue reading „Wechat mit Verena Issel“

Fabian Hesse sagt „Ok Dorothy“

„Ok Dorothy“ – der Titel der aktuellen Show in der Hamburger Galerie Hengevoss-Dürkop – nimmt Bezug auf eine Figur die Fabian Hesse zusammen mit der freien Gruppe o-team (Stuttgart) als Teil des Projekts „3D biohypermedia Theaters“ entwickelt hatte. Die Hauptfigur der Dorothy, ist eine Anlehnung an Dorothy Gale aus dem Märchen „Der Zauberer von Oz“, sie ist Künstlerin und künstliche Intelligenz zugleich.
Ich habe Fabian Hesse 5 kurze Fragen zu seiner Arbeit gestellt und wem das nicht genügt der zieht sich hier via youtube vorab oder danach, wie es eben am besten gefällt, noch das Video des Vernissage. Dort spricht Bettina Steinbrügge die Direktorin des Hamburger Kunstvereins ein paar kluge einleitende Sätze – und Fabian Hesse selber ist auch mal kurz im Bild zu sehen.

fk: lieber fabian, glitch und 3D warum macht dich das so an?

fh: Nein eher sind`s die glatten Oberflächen der Simulationen die einen immer wieder abstoßen – Glitch legt ja als Störimpuls die Konstruktion und Strukturen des Mediums offen, und ist ein Widerstand gegen das Perfekte, Nahtlose. Eigentlich geht es um die künstlerische Aneignung von Technologien die die Welt bestimmen, und andere Umgangsweisen damit zu entwickeln. Mit freiem Experimentieren, das weder nützlich noch smart oder Produkt sein muss, oder z.B. neue Formen des Gemeinguts als digitale Gegenstände und Fablabs. Und natürlich kunstimmanentere Fragen wie die Herausforderung, die Daten als Material an die Kunst stellen, oder der Vorstellung von Kunststoff als Material unendlicher Transformation.

Continue reading „Fabian Hesse sagt „Ok Dorothy““

Vlugschrift / Flugblätter bei Pictura Dordrecht

20.2.2018 23:21
fk: liebe birgit, danke dir für das update zu den vlugschriften, schön zu sehen wie es weiter geht! eine frage. sollen wir 4 oder 5 kurze fragen zu projekt machen und dann was auf perisphere.de stellen?
also so bisschen meta-infos.

21.2.2018 07:51
bj: super, machen wir gerne.

21.2.2018 12:34
fk: okay danke. ich sende dir zu.

24.2.2018 18:52
fk: wie kam es zu dem projekt?
bj: Letzten Sommer wurde ich von Barbara Camilla Tucholski zu einem Aufenthalt ins Künstler Gut Loitz e. V., einem kleinen Kunstverein in Loitz an der Peene in Vorpommern, eingeladen. Loitz liegt zwar in der Nähe von Greifswald, einer pulsierenden Uni-Stadt und der Ort, in dem am 5. September 1774 Caspar David Friedrich geboren wurde, ist aber selbst nur ein kleiner Ort – allerdings landschaftlich sehr schön gelegen. Der Kontrast zu meiner „normalen“ Umgebung war riesig. Aber, auch wenn man noch so weit weggeht, irgendetwas nimmt man immer mit. Was ich mitgenommen habe, ist mein Netzwerk, die Künstler, die ich kenne und mit denen ich über das Internet in Verbindung stehe.

fk: warum diese form der auseinandersetzung mit der frage was und warum kunst jetzt?
bj: Ich habe sie angeschrieben mit der Frage, wie sie zu dieser Welt stehen. Ich wollte wissen, ob sie sich ebenso wie ich mit der Gegenwart auseinander setzen, mit den manchmal Besorgnis erregenden Nachrichten, mit philosophischen, politischen, sozialen und ökologischen Problemen, die uns allgegenwärtig umgeben und vor allem mit der Kunst, die irgendwie der Besorgnis dann doch meistens etwas entgegen setzt. Continue reading „Vlugschrift / Flugblätter bei Pictura Dordrecht“

Ein kurzes Gespräch mit Maria Wildeis über die FAR OFF 2017

Die FAR OFF Messe ist eine junge Plattform für Galerien und Projekträume in Köln. Nach dem Erfolg im letzten Jahre geht es nun auch 2017 mit dem Format wieder weiter, vom 27. bis zum 30.  April ist es wieder so weit. Dieses Mal dann allerdings an einer neuen Location in Ehrenfeld, aber natürlich mit dem gleichbleibendem naturgemäß nicht ganz einfachen Anspruch, die Autonomie der Offkultur zu wahren und gleichzeitig die Künstler und Künstlerinnen zu unterstützen sich stärker mit ein internationalen Publikum zu vernetzen.
Und. Klar. Auch.
Die Kunst im Rahmen des Möglichen zu vermarkten.
Die Messe ist also Experimentierfeld, Ausstellung und immer auch großes Klassentreffen in einem. Und bietet von daher ganz selbst verständlich neben Videokunst, Performance und Soundart auch den notwendigen Spaß und die Freude die zum Leben dazu gehören müssen.

Ich habe mich mit Maria Wildeis, einer der Organisatorinnen, mal kurz per E-Mail über das Projekt unterhalten.

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FK: hi maria, schönes projekt gefällt mir gut! Warum hast du die FAR OFF ins Leben gerufen?
MW: Jonathan Haehn hat mich angerufen und gesagt, man sollte eine Kunstmesse bei Jack in the Box veranstalten.

FK: Warum OFF und OFF-Szene? Was reizt dich daran?
MW: Ich leite einen Offraum und bin eigentlich ausschließlich an der Gegenwartskunst interessiert. Der wirtschaftliche Teil der Kunstwelt=Kunstmarkt ist wichtig, aber für mich nicht so leicht mit der Kunst zu verbinden, die sich im experimentellen Feld des OFF finden lässt. Meine Frage bei der FAR OFF lautet, ob es nicht Wege gibt, dem Geist der Gegenwartskunst näher zu kommen, den Bedingungen der Präsentation von Kunst auf einer Großveranstaltung wie einer Messe entgegen zu kommen und gute, junge Kunst möglichst angemessen zu präsentieren, anstatt sie zu verbiegen und in „marktgerechte“ Formen zu pressen. Es gibt auf der FAR OFF Messekojen, aber auch alternative Modelle, ein Kino für Videokunst, Bewegtbild und eine Bühne für Performance und Sound. Das Programm füllt sich durch die teilnehmenden Galerien und Projekträume.

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FK: FAR OFF ist eine Messe für OFF-Spaces. Ist das nicht irgendwie ein Widerspruch?
MW: Es sind nicht ausschließlich OFF-Spaces auf der FAR OFF. Aber auch Offspaces wollen ein Publikum erreichen und ihre Künstler an den Markt heranführen. Dafür halten wir die Preise so günstig wie auf keiner vergleichbaren Veranstaltung. Continue reading „Ein kurzes Gespräch mit Maria Wildeis über die FAR OFF 2017“

Julia Weissenberg im Interview bei Artfridge

Die Künstlerin Julia Weißenberg lebt und arbeitet den Rhein aufwärts in Köln und hat auch dort an der KHM studiert. Ihren Abschluss machte sie 2012 mit Auszeichnung bei Prof. Dr. Karin Harrasser, Prof. Matthias Müller und Prof. Johannes Wohnseifer – diese Minimalparemeter nun in extremster Kürze zur Person. Dazu gibt es unten noch ein paar Pics zum anfüttern für Euch.
Und mehr muss dann hier und jetzt ja auch nicht, denn artfridge hat gerade ein Interview zwischen dem Kurator Jürgen Dehm und ihr Angebot, dass ihr bitte mal klickt und lest.
Anlass des Interviews ist die laufende Ausstellung ‚Stranger days‚ in de Galerie Lisa Kandlhofer in Wien.

SOFT COMPANY

soft_01Video Installation, 2 HD Videos, Orchid, electric blue carpet, 2015

USB Power

USB_Power_kopiePU Kunstharz, ca. 50 x 0,6 x 0,6 cm – 2016

To make you feel comfortable

TomakeuFeel_29:01 Min., HD, Stereo Sound, 2016
Installationview: Matjö – Raum für Kunst, Cologne, 2016

SingleClub, Der Film – Rheinlandpremiere in Köln

Knapp 6 Jahre Produktionszeit, ein gutes Dutzend Parties, 10 eigens gegründete Bands und eine mittlerweile nicht mehr zu überschauende Anzahl an Akteuren. SingleClub – der Film von Alex Wissel und Jan Bonny ist fertig und feiert nun auch Rheinland-Premier.
Am kommenden Mittwoch, 30. März 2016, ab 18:30.
Natürlich in Köln. Im Kunstverein. F***BEvent hier.
Ein guter Anlasse für ein Blitz-Q&A mit Alex Wissel via FB-Chat.  8 knackige Fragen vom Blog und dazu 8 knackige Antworten von Alex Wissel.

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P: Für die wenigen die nicht wissen was der Singleclub gewesen ist: beschreibe den Singlelcub in 5 Sätzen bitte.
AW: Der Single Club befand sich unterhalb des albanischen Glücksspiellokals „Bistro Agi“ und lief von Juni 2011 bis Juni 2012. Jeden Monat gab es eine Veranstaltung die jeweils 24 Stunden ging. Künstler gestalteten jeden Monat das Interieur neu und gründeten ca 10 Bands für den Club. Die Gäste wurden darauf hingewiesen, das sie mit Eintritt das Recht am eigenen Bild verlieren. Der Club war zugleich Drehort und Kulisse für einen Film, der letztes Jahr im November Premiere hatte.

P: Singleclub 2016. Was heisst das heute für Dich?
AW :Für mich fühlt sich sowohl Club als auch Film im Nachhinein wie meine Coming of Age Geschichte an.

12895292_10154047601809670_1936767533_n Continue reading „SingleClub, Der Film – Rheinlandpremiere in Köln“

»Nacht im Feuer« – Hans Ulrich Reck und Konstantin Butz im Gespräch.

Konstantin Butz befragt Hans Ulrich Reck zu seinem 1981 erschienen Buch »Nacht Im Feuer – Zur Alchimie des Todes in der Rockmusik«. Der Text ist schön lohnt und dreht sich um eine der nach wie vor besten Bands des 20. Jahrhunderts, mehr will ich hier nicht verraten.
Ihr habt Finger zum Klicken, Augen zum lesen und einen Kopf zum selber denken. Die Empfehlung ist hiermit ausgesprochen, die Entscheidung verbleibt wir immer bei Euch.

Kunst und die Stadt #1

Diskussion mit Markus Ambach (Künstler und Projektautor, Düsseldorf),
Dr. Gregor Bonin (Beigeordneter für Bauen und Wohnen, Düsseldorf) ,
Prof. Dr. Florian Matzner (Kurator und Kunsthistoriker, München),
Dirk Snauwaert (Direktor WIELS, Brüssel), Susanne Titz (Direktorin Museum Abteiberg,Mönchengladbach)
unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Thomas Geisel
Einführung: Hans-Jürgen Hafner (Direktor Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf)
Moderation: Frauke Burgdorff (Raumplanerin, Bochum)

Ort: Aula der Kunstakademie Düsseldorf
Datum und Zeit: 08. März 2015, 14:00 Uhr

Alles weitere und mehr auf der Webseite der freien Gruppe.

Modell Kunstverein – im Gespräch mit Ben Kaufmann vom Neuen Aachener Kunstverein

Vor knapp 5 Jahren haben die großen Kunstvereine des Rheinlands unter dem Titel „DIE LETZTEN IHRER ART – Eine Reise zu den Dinosauriern des Kunstbetriebs“ die Bedeutung und mögliche Rolle der Kunstvereine im aktuellen Kunstsystem hinterfragt und öffentlich thematisiert.
Ben Kaufmann, Direktor des Neuen Aachener Kunstverein, knüpft zwar thematisch mit dem aktuellen Programm ‚Modell Kunstverein‘ ( 18.01. – 08.03.2015 im NAK) an diese Reihe an, führt den Diskurs aber an anderer Stelle fort in dem er etwa die Institutionskritik in den Fordergrund stellt. Historisch geht Kaufmann noch ein paar Jahrzehnte zurück und greift die Show „Eine Gesellschaft des Geschmacks“ im Jahr 1993 im Münchner Kunstverein auf.

Dieses Setting bildet den perfekten Anlass sich auch hier einmal kurz mit Ben Kaufmann zum Status Quo Kunstverein zu unterhalten, um dann darüber hinaus auf die den Vortrag “Ich wollt nur sagen, so ganz harmlos sollten wir das nicht sehen.” von Michael Franz und die daran anschliessende Diskussionsrunde am kommenden Samstag den 28.02.2015 im NAK hinzuweisen.

Um 18 Uhr spricht Michael Franz zur Ausstellung “Eine Gesellschaft des Geschmacks” von Andrea Fraser, die 1993 am Kunstverein München stattfand. Und ab 19 Uhr werden Sandra Dichtl (Künstlerische Leiterin Dortmunder Kunstverein), Hans-Jürgen Hafner (Direktor Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf), Lars Heller (Agentur Heller & C), Dr. Renate Puvogel (Kritikerin) und Dr. Holger Kube Ventura (Direktor Frankfurter Kunstverein, 2009-2014) unter der Moderation von Dr. Astrid Mania über das Modell Kunstverein diskutieren.

Das Unterview haben Ben Kaufmann und ich per E-Mail geführt. Die Fotos zeigen die aktuell laufende Ausstellung im Kunstverein, auf die ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen will, und statt dessen wieder einmal gerne auf Magdalena Kröners Besprechung im Artblogcologne hinweise. Klicken lohnt sich!

Wir werden das Thema auch die nächsten Tage hier noch mit 2 weiteren Beiträgen verfolgen. Es folgt dann eine Transkription der Soundfiles von Veit Loers zu KUNSTVEREIN KIPPENBERGER und FRIDERICIANUM, KASSEL, 1993 sowie ein historisches Video zur 93’er Ausstellung in München.

Ihr bleibt bitte dran, das Thema ist und bleibt ja relevant.

NAK_Entropie_MichaelFranz_NadimVardag_72 Continue reading „Modell Kunstverein – im Gespräch mit Ben Kaufmann vom Neuen Aachener Kunstverein“

Testfeld Ebertplatz

Was für die Düsseldorfer Künstler der Worringer, ist für die Kölner der Ebertplatz. Und wer diesen Blog mitverfolgt, der hat  eventuell mitbekommen, dass ich ein großer Freund dieses Ortes und der dort verorteten Projekte und Räume bin. Im Dezember letzten Jahres gab es dann bekanntlich einen Wechsel in einem der vier Projekträume. Max Erbacher, Diane Müller und Yvonne Klasen haben ihre erfolgreiche Arbeit als Organiatoren der Boutique bendet, Maria Wildeis führt die Location nun unter dem Titel Tiefgarage fort.
Als krönender Abschluss erschien die Publikation Ebene Minus Eins, in der  die Entwicklung eines noch im Januar 2012 völlig verpatzten Platzes (1) hin zu einer der spannendsten Adressen im Kölner Kunstleben (2) reflektiert wird. Während der Arbeit an Ebene Minus Eins stellte sich heraus, dass die Genesis des Ortes sowie dessen aktuelle Entwicklung zu komplex für eine rein chronologische Dokumentation der BOUTIQUE war und ist. So wurde daraus ein Buch in dem eingeladene Autoren die „neue urbane Qualität“ (Zitat des Kölner Kunstbeirats 2013 in seinem Plädoyer für eine Mietfreiheit der Off-Räume am Ebertplatz) aus ihrer fachspezifischen Perspektive untersuchen durften.

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BU: ALONG THE LIGHT – Festival für analoge Bilder und Klänge 2014,
Veranstalter: BOUTIQUE, Bruch & Dallas und GOLD+BETON;
Bild: Martin Plüddemann

Es entstanden eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher, sehr lohnender Texte, und transkribierter Gespräche, die in unterschiedlichen Formen, von der Stadt, ihrem Platz, seiner Architektur, seiner Geschichte und den damit verbundenen Künstlern und Künsten handelt. Eines dieser Gespräche führten Diane Müller und Yvonne Klasen mit der Direktorin des Ludwig Forum Aachen, Brigitte Franzen.

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Im Chat mit Don Elektro

Don Elektro habe ich über f***book gefunden. warum wir befreundet sind? keine ahnung. aber er postet sehr viel gutes zeug und deshalb habe ich ihn letzte woche mal kurz per chat angeschrieben. aus dem chat hat sich ein kurzes interview ergeben, das ihr jetzt hier lesen könnt.

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fk: hi don.
fk: ich mag deine pics sehr. tolles zeug dabei. ist das alles von dir? oder gesammelt? oder gemischt?
de: He Florian, danke das hört man doch gern. Um deine Frage zu beantworten, der meiste Grafikquatsch mit Titel ist von mir, manchmal teile ich was von anderen und finde im netz was mir gefällt. Aber wie gesagt fast alles von mir was mit glitch, trash oder aesthetics auf meiner Seite sich tummelt oder was ich in Gruppen teile.

1614441_747701875321318_5890103615612193483_o Continue reading „Im Chat mit Don Elektro“

Zwei bis drei Minuten Schweigen in einem sehr sehr langen Gespräch

Beim Eiskellerberg gibt es ein wirklich, wirklich, wirklich langes, aber eben auch wirklich, wirklich, wirklich lohnendes Gespräch mit Karl Heinz Rummeny, einem der Mitbegründer und langjähriger Betreiber des Düsseldorfer Off-Space Parkhaus. Das Parkhaus, gelegen im Garten des Malkasten, ist einer der schönsten und mittlerweile ältesten Projekträume der Stadt. Rummeny hat das Projekt 1997 zusammen mit Jost Wischnewski und Gregor Russ begründet.

Mehr müssen wir an dieser Stelle nicht verraten, denn alles andere lest Ihr bei eiskellerberg.

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Parkhaus, vierwändekunst Festival, 2010

 

Politik der Langsamkeit – Beat Wyss im Gespräch mit Anja Martick

Das Gespräch zwischen Beat Wyss und Anja Martick über das Verhältnis von Kunst und Medien wurde ursprünglich auf der Webseite der Universität Duisburg-Essen publiziert. Freund Alec machte mich gestern darauf  aufmerksam – Danke!
Und da wir im Text lernen, dass der Tanz um das Original sowieso ein recht neuer Splin der Kunst ist, verlinken wir, danken wir und kopieren es hier her.

Politik der Langsamkeit

Beat Wyss im Gespräch mit Anja Martick,
Weimar, 18. Juni 1998

Herr Wyss, könnten Sie kurz Ihren persönlichen Werdegang schildern, und wo Sie jetzt tätig sind?

Ich unterrichte Kunstgeschichte an der Universität Stuttgart und war zuvor an der Universität Bochum für das selbe. Ich komme eigentlich aus der Schweiz aber ich machte viele Wanderjahre nach den Vereinigten Staaten. In der Schweiz habe ich auch unterrichtet an der Eidgenössischen Technischen Hochschule.

Warum sind Sie von der Schweiz nach Deutschland gekommen?

Das sind Zufälle und zum Teil auch Absichten, ich habe in Deutschland studiert, in Berlin, und von daher hat es mich auch immer schon interessiert, hier zu leben und durch die Diskurse hier- ich find? das einfach ein bißchen lebhafter als in der behäbigen Schweiz.

Ihre ersten beiden Hauptwerke, also einmal „Der Wille zur Kunst“ und die „Trauer der Vollendung“, werden in die Kunstgeschichte eingeordnet, und das letzte Buch „Die Welt als T-Shirt“ ist eine Geschichte und Ästhetik der Medien. Wie sind Sie von der Kunst zu den Medien gekommen?

Für mich ist das eigentlich das selbe. Kunst ist ein Medium, ich finde ohnehin, es wäre eigentlich wichtig, gerade auch für Medienleute, daß sie begreifen, daß z.B. die modernen, die digitalen, die technischen Medien eigentlich nur ein Aspekt der Medien sind. Eine Kathedrale ist ein Medium, ein Buch ist ein Medium, ich fasse eigentlich das Medium als einen Filter zur Welt auf, den wir brauchen um sie zur verstehen.

Also ein Medium als Mittel?

Mittel, das Medium ist das Mittel die Welt anzuschauen, weil wir ohne ein Medium die Welt nicht verstehen.

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Schluss mit dem Herumgeschwurbel und der leidenschaftslosen Betriebsamkeit!

Ein Gespräch mit Erik Stein vom Donnerstag-Blog über Kunst, Netz und unser Medium.

Eigentlich wollte ich diesen Artikel mit einem brüllend komischen Wortspiel beginnen, welches mir noch Heute Morgen im Bett in den Sinn kam. Irgendwas in der Art von ‚ein Interview mit Donnerstag am Donnerstag‘, oder ähnliches. Aber es gibt Ideen die sind auch beim besten Willen nicht witzig, da hilft einfach nix, auch wenn man sich das noch so sehr wünscht. Und wenn man das zum eigenen großen Glück noch rechtzeitig bemerkt, dann lässt man das einfach. Weshalb wir denn nun auch die Kalauer Kalauer sein lassen und uns auf das Wesentliche konzentrieren.

Denn heute geht es um die Besten; oder besser, geht es um den angeblich besten Kunstblog im deutschsprachigen Raum. Und – Achtung wieder Kalauer – dabei meine ich natürlich nicht uns. Nicht dass wir es nicht sein könnten, aber wir sind bekanntlich viel zu gut erzogen und darüber hinaus auch zu bescheiden um uns selber so loben zu können.
Nein, es geht wie zu Anfang bereits angedeutet um den Donnerstag Blog, welcher aktuell unter Kolleginnen und Kollegen einen hervorragenden Ruf genießt. Matthias Planitzer etwa lobte bereits im März „Der Donnerstag, „Weblog für Kunst & Danach“, führt als derzeit vermutlich bestes deutsches Kunstblog vor, welche Qualität hierzulande online erreicht wurde,…„, Blitzkunst aus Berlin hat aktuell nur Gutes für das Projekt übrig und auch ich gebe zu, dass mir das Projekt immer besser gefällt.

Was zu Beginn ein wenig wirkte wie die verbitterte Abrechnung einiger im Kunstbetrieb zu kurz gekommener, hat sich Stück für Stück in eine ernst zu nehmende, kritische und kluge Instanz entwickelt. Fundierte, vor allem aber nach vollziehbare Analysen und Ausstellungsbesprechungen ohne unnötig aufgeblasenes Herumgeschwurbel treffen auf Humor und Witz. Die Minikolumnen ‚Lesezirkel‘ und ‚Sprechblasen‘ sind kurzweilige Ansätze für den geschickten Umgang mit der medialen Themenflut, das Format ‚Kurzmitteilung‘ ist unter anderem auch eine ironische Remineszenz an den populären Kurznachrichtendienst Twitter. Das sind ohne Zweifel gute und originelle Ideen in dem unsrigen, sonst so konservativen und behäbigen Themengebiet Kunst. Und so merkt man trotz des strikten Fokus schnell, dass hier Leute am Werk sind, die in der Lage sind noch etwas Anderes außer Kunst, Szene und Zirkus wahr zu nehmen.

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Kunst? Nein Danke!

Eine ganze Weile mussten sie in der Hauptstadt kämpfen, diskutieren und streiten, letztes Jahr hatten sie endlich Erfolg. Seit 2009 haben sie geplant und geredet, seit 2012 sind sie ein neuer Haushaltsposten. Und so kommt es, dass die Berliner freie Szene nun Preise für Projekträume vergeben kann.
Sieben Räume werden am 18. September durch eine Jury ausgezeichnet, die Preise gehen dieses Jahr an: Altes Finanzamt, Kreuzberg Pavillon, KUNSTrePUBLIK, LEAP, Netzwerk-Projektraum “Hip Hop Stützpunkt mit From Here To Fame & Common Ground Gallery“, uqbar e.V., Walden Kunstausstellungen e.V.

LAST EXIT TO SPACE – 18. September 2013 | 20:00 | HAU1

So eine Auszeichnung ist natürlich schön, wirklich interessieren würde das aber wohl niemanden, wenn diese denn nicht mit einem Preisgeld versehen wäre. Und dieses Preisgeld kann sich mit jeweils 30.000 Euro Förderung pro Projekt für ein Jahr sehen lassen. Das ist im Kontext der freien Szene eine ganz ordentliche Summe, mit der man durchaus  auch etwas bewerkstelligen kann. Zumindest dann, wenn man, so wie wir das hier im Kulturprekariat gelernt haben und gewohnt sind, hocheffizient und kostenbewusst arbeitet.
Begleitet wird das Jurierungsverfahren durch eine Publikation die zur Preisverleihung am 18. September erscheinen wird. Continue reading „Kunst? Nein Danke!“

Daheim oder Unterwegs – Podiumsdiskussion im Onomato

Daheim oder Unterwegs

Stipendien, Preise, Zuschüsse
Möglichkeiten der Projekt- und Künstlerförderung

Podiumsdiskussion über die Möglichkeiten der Projekt- und Künstlerförderung in Nordrhein-Westfalen und der Region Düsseldorf

Starthilfe? Anerkennung? Motivation? Erweiterung des Horizontes? Leben & Überleben? Mitwirkung am kulturellen Leben & Geschehen in der Stadt? Stärkung der Kunstszene?

Die öffentliche und private Förderung in der bildenden Kunst kann unterschiedliche Formen haben. Ob im Rahmen allgemeiner Bezuschussung, eines Preises oder eines Stipendiums: Eine Unterstützung der Länder, Kommunen und Stiftungen kann Künstlerinnen und Künstlern helfen ihren Weg zu gehen.

Doch kommt die Förderung dort an, wo sie hin soll? Wo hilft sie konkret? Lässt sich das Ergebnis und die Wirkung von den Förderern überprüfen? Was kann an dem System und der Vergabe verbessert werden, damit eine wirkliche Hilfe zustande kommt? Was ist bei der Bewerbung und Antragstellung zu beachten und wer kann dabei helfen? Und lässt sich die Art der Unterstützung überhaupt noch mit dem heutigen Alltag bildender Künstlerinnen und Künstler vereinbaren?

Die Podiumsdiskussion Daheim oder Unterwegs wird anhand konkreter Beispiele aufzeigen, welche Fördermöglichkeiten es zurzeit in NRW und Düsseldorf für die bildende Kunst gibt und welche konkreten Erfahrungen Akteure im Kunstbereich auf ihrem bisherigen Weg damit gemacht haben. Die Darstellung verschiedener individueller Erfahrungen und Entwicklungswege soll Hinweise auf den Zugang und die Wirkungsweise von Fördermitteln aufzeigen und neue Tendenzen und Perspektiven darstellen und eröffnen.

Zu den Teilnehmern der Podiumsdiskussionen gehören Künstlerinnen und Künstler verschiedener Ausrichtung, Kunstvermittler und -vermittlerinnen und Vertreterinnen der Kulturabteilung des Ministeriums und des Kulturamtes der Stadt Düsseldorf.

Donnerstag, 25. April 2013, 17 Uhr
onomato künstlerverein
Birkenstrasse 97, 40233 Düsseldorf-Flingern

Podiumsteilnehmer:
Marianne Schirge (Kulturamtsleiterin, Kulturamt Düsseldorf)
Dr. Ingrid Stoppa-Sehlbach (Referatsleitung Museen, Kunst und Film, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW)
Uschi Huber (Künstlerin / Mitherausgeberin des Fotomagazins Ohio)
Gereon Krebber (Künstler, Professor für Bildhauerei, Kunstakademie Düsseldorf)
Florian Kuhlmann (Künstler / Kurator / Blogger)
Markus Ambach (Künstler / Projektautor)

Moderation:
Friederike van Duiven (Künstlerin, Kuratorin und Vorsitzende des BBK Landesverbandes NRW)

Veranstalter: Kulturwerk des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Landesverband NRW e.V.
Stapelhaus / Frankenwerft 35, 50667 Köln, www.bbk-landesverband-nrw.de

Western Typologies und Facebook Soldiers – zwei Projekte über private Bilder öffentlicher Kriege aus den globalen Netzwerken

Der Düsseldorfer Gestalter und Künstler Thomas Artur Spallek ist ein umtriebiger Zeitgenosse. Gemeinsam mit den Moxies zeichnet er sich unter anderem für die Gestaltung der Plakatkampagnen der Tonhalle Düsseldorf mitverantwortlich. Darüber hinaus betreibt er gemeinsam mit Albert Naasner, George Popov den eigenen Independent Verlag TFGC Publishing mit dem wir widerum gerade das Books&Blankets-Projekt planen und umsetzen. Und als wäre all das noch nicht genug, studiert er auch noch Kommunikationsdesign an der FH-Düsseldorf, weilt aktuell allerdings für ein Auslandssemester in Portugal.

Neben all diesen Arbeiten, als Verleger, Organisator und Gestalter im Auftrag der Anderen geht Thomas Spallek zusätzlich noch eigenen künstlerischen Projekten nach. Über zwei dieser Projekte habe ich mich mit Ihm unterhalten. Thomas war darüber hinaus so freundlich, das besprochene Bild- und Textmaterial als Video aufzubereiten. Mit diesem kurzen Video steigen wir in die beiden Projekte und das Gespräch ein.

Im Gespräch mit Thomas Artur Spallek

Perisphere:
Thomas, erklär doch bitte noch mal kurz worum es in Western Typologies und dem Vorgängerprojekt Facebook Soldiers geht.

Thomas Artur Spallek:
Es geht vor allem um Menschen und Ihre Verbindung durch das Internet. Es geht aber in beiden Serien auch um Menschen die für etwas kämpfen.
Das Internet hat es mir erst möglich gemacht in Bildern anderer Leuten zu suchen. Gäbe es das nicht, würde ich wahrscheinlich meine Bilder in alten Fotoalben auf dem Flohmark suchen. Das spannende ist wie nah das Internet zwei unterschiedliche Menschen bringen kann. Dieses Idee versuche ich in meinen freien Arbeiten weiter auszureizen.

Facebook soldiers, 2012

Facebook soldiers, 2012

Facebook soldiers, 2012

Facebook soldiers, 2012

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Sven Blatt im Interview mit Anthony Cragg

Tony Cragg Declination

Das Interview mit Anthony Cragg ist schon etwas länger online und ich wollte schon die ganze Zeit einmal darauf hingewiesen haben. Aber zwischen den Jahren machte sich so eine überaus angenehme Faulheit und Antriebslosigkeit breit. Der Kollege Sven Blatt von kunstdüsseldorf wird es uns nach sehen, immerhin zum Lesen hat es gereicht.

Nach einem etwas holprigen Anfang nimmt das Gespräch gut Fahrt auf und was Cragg über künstlerischen Erfolg zu sagen hat ist nicht nur sympathisch sondern auch vernünftig. Darüber, dass sich eine solche Haltungen natürlich sehr viel einfacher einnehmen lässt wenn sich der künstlerische Erfolg bereits auf allen Fronten eingestellt hat liesse sich eventuell diskutieren. Wir sparen und das, weil wir auch renommierten Künstler das Recht zu gestehen etwas kluges zu sagen. Und am Besten lest Ihr sowieso einfach selbst.

Zum Interview mit Prof. Anthony Cragg, Rektor der Kunstakademie Düsseldorf und international
renommierter Bildhauer.

PS: Frohes neues Jahr und alles gute für 2013! Lasst es Euch gut gehen.

 

Bild: von Bengt Oberger (Eigenes Werk)
[CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)],
via Wikimedia Commons

Baustelle Schaustelle in Essen – Ein Gespräch mit Brigitte Krieger

Fotos: Stefanie Pluta

 

Emmanuel Mir: In der Regel werden Off-Räume oder Projekträume von Künstlern gegründet, seltener auch von Kunsthistorikern. Nun gehörst Du weder zu der einen noch zur anderen Kategorie. Was hat Dich bewegt, die „Baustelle Schaustelle“ zu gründen?

Brigitte Krieger: Vor der Baustelle Schaustelle hatte ich schon ca. 5 Jahre lang Ausstellungen im Amtsgericht Langenfeld kuratiert – ein in mehrerer Hinsicht sensibler Ort. Der Off-Raum in Essen ist entstanden, weil mir einerseits den Raum zur Verfügung stand und ich andererseits über eine lange Liste von interessierten KünstlerInnen verfügte, die ich gerne zeigen wollte. So kam es zur Eröffnung in 2007. Es waren die Jahre, in denen viele Kunstsammler ihre eigenen Museen aufbauten. Da hätte es auch genug Raum in der Brigittastraße gegeben. Das war mir aber nicht spannend genug. Die Bestände der Sammlung Krieger waren alle schon lange angesehen und mein Bedarf nach ihnen nicht vorhanden. Dann doch lieber Förderung junger KünstlerInnen mit immer wieder neuem Input für mich und andere.

Du besitzt also auch noch eine Sammlung?

Die „Sammlung“ Krieger haben mein Mann und ich ab den 80er Jahren zu unserem Vergnügen erworben. Wir haben nie aus kommerziell technischen Gründen eine Arbeit gekauft, sondern nur, was uns zum jeweiligen Zeitpunkt interessiert hat und für eine junge Familie erschwinglich war! Es hat sich eine ziemlich große Menge an Arbeiten angesammelt, viele Fotoarbeiten dabei, auch Malerei, Zeichnung u.a.m.. Skulptur und Installation ist weniger möglich, das Haus bietet kaum Gelegenheit dazu. Die größten Arbeiten, die uns gehören, sind an die Kanzlei ausgeliehen, in der mein Mann Seniorpartner ist. Die anderen sind auf Lager. Nur wenige befinden sich bei mir im Haus oder in der Wohnung meines Mannes.

 

Zu Deiner Person: Welche Hintergründe hast Du? Wie bist Du auf die Kunst gekommen?

Mein Kunstinteresse geht auf die Förderung meines Vaters zurück, der mich schon als kleines Mädchen sonntäglich mit ins Folkwang-Museum und andere Ausstellungen nahm – übrigens auch mit in Theater, Oper und Konzerte. Viele Museen im Ruhrgebiet kenne ich von daher schon lange. Bei mir hat es immer Kunst an Wänden gegeben – ich arbeite u.a. auch an Konzepten von  Beleuchtung bildender Kunst, an Lichtkonzepten überhaupt, genauso wie an Interior- und Exteriordesign.

Welche Struktur hat die Baustelle? Wie sind die Aufgaben in Deinem Team verteilt?

Wir haben uns die Arbeitsbereiche je nach zeitlichen Möglichkeiten und Interessen aufgeteilt. Stefanie und Susanne, die seit fünf Jahren im Team sind, haben meist die direkten Künstlerkontakte, Alex bearbeitet die Büroangelegenheiten und Eckhard betreut die Website. Und jeder springt bei jedem ein, alle teilen sich die Aufgaben beim Fotografieren der Ausstellungen, alle reden bei den Ausstellungs- und Kunstpreiskonzepten mit. Wir arbeiten nach einem Konsensprinzip. Und ich? Mache das Networking, bringe Nachrichten über interessante KünstlerInnen von außen in die Runde und sage auch schon mal nein! Und natürlich muss ich den Finanzrahmen betreuen. Seit März sind wir ein gemeinnütziger Verein mit neuen Möglichkeiten, aber auch vielen neuen Anforderungen.

 

Habt ihr eine konzeptuelle Linie? Werden bestimmte Medien oder Themen bevorzugt? Und: Wo kommen die Künstler her, die Du ausstellst?

Nein, wir haben uns keine Konzeptlinie gegeben und wir bevorzugen auch keine Medien oder Themen. Themenausstellungen gab es zu den drei bisherigen Kunstpreisen, sonst nie. Es zeigt sich allerdings, dass Installationen unter Einbeziehung des Raums weit überwiegen. Bisher mussten wir aus Sicherheitsgründen leider technische Medien in der Dauerausstellung auslassen (da werden wir aber umstellen).

Unsere Künstler bewerben sich bei uns oder werden von mir  / uns eingeladen. Sie kommen aus Düsseldorf, Essen, Münster, Berlin, Braunschweig, Karlsruhe, Köln, Frankfurt, Hamburg, aus den Niederlanden, Italien, Dänemark, eigentlich aus ganz Europa. Einige kommen sogar aus Lateinamerika oder aus Israel…

Luca Vanello

Warum? Befürchtest Du, dass eingebrochen wird?

Wir haben bisher technische Medien nur einbezogen, wenn sie durch die Künstler nach der Eröffnung wieder abgebaut und gesichert werden konnten.
Einige haben dann ein Substitut an die Stelle gebracht (Tine Bay Lührsen, die den Beamer zur Projektion ihres Besens – Teil der Installation –  wieder abgebaute und an Stelle dessen einen realen Besen an die Wand lehnte. Wir konnten und können keine Verantwortung für Arbeiten und Geräte übernehmen. Und Leute, die auch für einen kleinen Ertrag die Scheibe einschlagen, gibt es immer mal.

Wir werden in 2013 den Kunstpreis für Videoarbeiten ausschreiben. Die Präsentationen können dann nur ein Wochenende stattfinden und wir werden alle Technik sichern.

Aussenansicht – Erika Hock: Cool Tools

Den Kunstpreis für Video? Das klingt ja interessant…

In den vergangenen Jahren haben wir regelmäßige Preisverleihungen für Nachwuchskünstler veranstaltet. Dabei legen wir jedes Mal einen neuen thematischen Schwerpunkt. Der erste Preis 2010 bezog sich auf die Region, die Stadt und den Raum. Nicolas Pelzer, Matthias Wollgast und Rimma Arslanov
wurden Laureaten. Ein Jahr später wurden Künstlerduos, also solche, die wirklich gemeinsam arbeiten, gefordert und Adrian Davila und Carolina Pinzon, sowie  die Raumzeitpiraten mit Tobias Daemgen und Moritz Ellrich bekamen den Preis. 2012 konnten sich Künstler für den Schaufensterraum, genannt „Schaustelle“, oder den hinteren Raum, den wir durch eine Wand abgetrennt hatten und als „Baustelle“ genannt haben, bewerben. Laureaten wurden diesmal Luca Vanello und Cornelia Fachinger. Und für 2013 eben ein Preis für Videokünstler.

Nathalia Stachon

Wie schätzt Du die Kunstszene in Essen ein? Wenn ich mich nicht irre, ist die Baustelle das einzige Off-Projekt der Stadt, oder? 

Die Kunstversorgung in Essen wird hauptsächlich durch das Folkwang-Museum bestimmt. Es fördert, unterstützt und fordert. Leider ist in den vergangenen Jahrzehnten einiges versäumt oder auch unnötig vernachlässigt worden. Die Szene, die ich bei meinem Umzug nach Düsseldorf im Jahr 1983 verlassen habe, war lebendig. Die, die ich 2007 wieder vorgefunden habe, konnte und kann immer noch starke Förderung brauchen. Seit einiger Zeit  kommt die Kunst wieder aus ihren Winkeln hervor, ganz langsam.

Leider hat 2010 (gemeint ist die Ernennung von Essen und dem Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt Europas, Anm. d. Red.) für die zeitgenössische Kunst nicht den Anstoß gegeben, den das Ruhrgebiet hätte aufnehmen können. Dann gibt es immer wieder temporäre Ausstellungssituationen von Gruppen, verstreut über die ganze Stadt. Auf Zeche Carl hat sich wieder eine Gruppe zusammengefunden, die auch KünstlerInnen aus Düsseldorf u.a. einladen. Diese Gruppe war vorher direkt bei uns in der Nähe – das war klasse, weil die Eröffnungen zum gleichen Zeitpunkt stattfanden und viel Publikum zogen.

Brigitte Krieger

 
Und zum Schluss: Was steht in den kommenden Wochen für euch an ?

Wir werden im Januar eine Künstlerin vom Goldsmith College London ausstellen und direkt anfang februar im großen parallelraum zwei künstler, die mit digitalen medien arbeiten. heisses thema, s. heuteige FAZ Sonntag. es bleibt lebendig bei uns.

Pierre Beloüin über das Abenteuer der Glassbox

Das Gespräch führte Emmanuel Mir.

Vielen Dank an Havva Erdem für die Korrektur der Übersetzung!

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Pierre Beloüin in his magnificent splendor

 

Du bist Gründungsmitglied der Glassbox in Paris, einem Projektraum, der als einer der ersten dieser Art in Frankreich galt. Kannst du auf die Geschichte des Raumes und der Gruppe zurückkommen?

Während meines Studiums an der Beaux-Arts de Paris, Mitte der 1990er, hatte ich bereits das Label Optical Sound lanciert und war auf der Suche nach Formen der Zusammenarbeit, nach möglichen Synergien. Alles hat mit einem Treffen mit Sandie Tourle, Frédéric Beaumes und Gemma Shedden angefangen. Sie haben mich gefragt, ob ich mich nicht zu ihnen gesellen wollte um, unter anderem, Webmaster der Galerie-Homepage zu werden – damals stand das Web ja noch in den Kinderschuhen. Das sollte also meine Spezialität werden, aber, wie alle anderen Gründungsmitglieder der Gruppe (es waren übrigens alle Künstler), war ich vielseitig beschäftigt. Neben den eben genannten Menschen, gehören übrigens auch Laurence Delaquis, Stefan Nikolaev und Jan Kopp zu den Gründungsmitgliedern der Glassbox.

Gemma, eine Engländerin,  war damals die Lebensgefährtin von Stefan Nikolaev. Beide waren in Großbritannien schon mit dem Phänomen des artists run spaces in Berührung gekommen und sie haben praktisch das Model einer selbstverwalteten Galerie, deren Programm von Künstlern bestimmt wird, nach Paris importiert. Auf dieser Basis wurde der Verein „Smart“ gegründet und man fand bald einen modulierbaren Raum von 120qm (konzipiert vom Architekt Marc Borel) im 11. Arrondissement von Paris.

v.l.n.r.: Gemma Shedden, Pierre Beloüin, Jan Kopp, Stefan Nikolaev, Frédéric Beaumes. Bild ©Philippe Munda

 

Du meinst, dass es damals keine andere Initiative dieser Art in Paris gegeben hat? Habt ihr also den ersten artists run space der Hauptstadt gegründet?

In dieser Form waren wir in der Tat die Ersten. Man sollte natürlich die E.P.E (Etablissements Phonographiques de L’Est) auf der Strasse des Chemin Vert erwähnen, oder auch Circuit Court, aber diese Projekte waren in erster Linie auf Musik und Film konzentriert. Die Usine Éphèmere oder die Frigos waren auch aktiv, aber es handelte sich da eher um Künstlerateliers als um reine Showrooms. 1997, nach der Gründung von Glassbox, sind weitere Projekte entstanden, wie Console, Lap’s, Place des fêtes, Immanence, 2 Pièces cuisine, Accès Local, Infozone, Eof, PPR, etc…

 

Wie erklärst du dir die Tatsache, dass diese Art von Initiative sich erst so spät in Paris entwickelt hat?

Vielleicht liegt es daran, dass die jungen Künstler und andere kulturelle Akteure, die zu diesem Zeitpunkt in der Hauptstadt arbeiteten, eine  Art „Was soll’s“-Haltung pflegten. Es gab jedenfalls eine lasche Einstellung der Künstlerschaft, meilenweit von der punkigen Idee eines „Do it yourself“ entfernt – einer Idee, die wir wiederum auf die zeitgenössische Kunst übertragen wollten. Nachdem die autonomen Squats (damit sind wilde Ateliers gemeint, die in verlassenen Industriestandorten errichtet werden) von der Stadt Paris nicht mehr geduldet und in den späten 80ern aufgelöst wurden, gestaltete sich die Gründung von nicht-offiziellen Initiativen schwierig. Das hat Einige sicherlich demotiviert.

 

 

Wie sah der Raum aus?

Es war ein Lokal von 120qm und wir bespielten das Untergeschoss des Hauses. Es gab auch einen Garten und große Fenster, durch die wir auf den Projektnamen gekommen sind.

 

Was war eigentlich eure Motivation ?
Die französische Kunstszene orientierte sich hauptsächlich an Galerien und Institutionen. Wir wollten da einen autonomen Impuls generieren. Mit dem in Frankreich völlig unbekannten Modell der artists run spaces als Inspiration, wollten wir eine dynamische und vielseitige Kreation unterstützen.

 

Wie wichtig war der Aspekt der Selbstvermarktung für euch?  Wie man es an den heutigen Off-Spaces unschwer feststellen kann, gehört die Gründung und das Betreiben eines künstlerischen Projektraumes zu einer beliebten Strategie, um das persönliche Netzwerk zu pflegen und zu erweitern, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erreichen und sich im lokalen künstlerischen Feld zu behaupten. Haben solchen Gedanken damals eine Rolle gespielt?

Unbedingt! Das war auch eine unserer Motivationen. Aber uns ging es vor allem darum, einen Erfahrungsschatz aufzubauen, Verwaltungsaufgaben zu bewältigen, zu lernen, die Organisation einer Ausstellung zu beherrschen, Künstler zu treffen, etc. Dies sind Dinge, mit denen man sich in einer Kunsthochschule nicht konfrontiert.

Damals war diese Form der Arbeit allerdings nicht unproblematisch, denn die von uns vorgenommene Öffnung und Interdisziplinarität war nicht besonders geschätzt. Es war zum Beispiel leicht anrüchig, gleichzeitig Künstler und Kurator zu sein, während es später eher akzeptiert wurde, Kritiker und Kurator zu sein.

 

Wie waren die Reaktionen des Publikums und der Künstlerschaft unmittelbar nach eurer Gründung?

Wir hatten das vielfältigste Publikum, das man sich vorstellen kann. Galeristen, Institutionsvertreter, Kritiker, Künstler und Nachbarn waren da. Von Anfang an haben wir eine sehr gute Resonanz bekommen. Das mag an dem guten Programm, an der Qualität der Werke und der Präsentation gelegen haben und auch an dem innovativen Konzept der Glassbox oder der professionellen Kommunikationsarbeit, die wir da geleistet haben. Sicherlich hat auch das Sponsoring von Ricard ein Übriges getan!

Ich erinnere mich, dass die Qualität unserer Ausstellungen, aber auch die Relevanz unserer Partner und unsere Presseresonanz beneidet wurden. Dabei haben wir alles mit bescheidenen finanziellen Mitteln realisiert. Ausschlaggebend war unsere Kompromisslosigkeit und die Tatsache, dass wir eine geschlossene Teamarbeit geleistet haben und dass jeder in seinem Bereich brillierte. Es war eine sehr intensive Zeit.

War der direkt-urbane Kontext der Glassbox besonders wichtig für euch? Habt ihr euch nur aus ökonomischen Gründen im 11. Arrondissement angesiedelt?

In der Tat war der Ort um Oberkampf herum, der damals generalüberholt wurde, ziemlich wichtig. Vor allem mit der Eröffnung des Café Charbon, das schnell als einer unserer Partner fungieren sollte, wurde das Viertel Bastille entlastet. Die typische Kundschaft der Bastille, die, wie du weißt, aus einer Mischung aus  populärer und trendig-kreativer Bevölkerung besteht und für eine besonders stimulierende Atmosphäre sorgt, sollte ins 11. Arrondissement gelockt werden. Jedenfalls stand die Straße, in die wir gezogen waren, gerade in einem größeren Wandlungsprozess. Es wurde da viel gebaut, aber viele Geschäfte oder Hotels standen noch leer. Und abgesehen von der Tatsache, dass unsere Miete sehr moderat war, wollten wir einerseits am Stadtteilleben teilhaben und andererseits zeitgenössische Kunst zugänglicher machen.

 

Wie habt ihr euch finanziert ?

Wir erhielten eine Förderung der Stadt, der DRAC Ile-de-France (Kulturbehörde auf regionaler Ebene) und der Caisse des dépôts et consignation (staatliches Finanzinstitut), sowie privater Sponsoren wie dem Café Charbon, dem Café Mercerie, La Mère Lachaise oder dem Espace Paul Ricard – eine Seltenheit zu diesem Zeitpunkt.

 

Habt ihr eine besondere konzeptuelle Linie gefolgt ? Wie wurde das Ausstellungsprogramm bestimmt?

Glassbox zeigte französische und ausländische Künstler, stellte die Arbeiten fremder Künstler sowie der eigenen Betreiber aus und vertrat sowohl die Sparte der Bildenden Kunst als auch die des Designs, der Architektur und der Musik. Es wurde vor allem an einer Öffnung der Disziplinen, der Kulturen – und der Orte – gearbeitet. Wir haben immer wieder neue Vernetzungen mit verwandten Strukturen gesucht (wie Attitude, In Vitro, Field, Kaskadenkondensator, büro, light cone, icono etc…) oder fremde Kuratoren eingeladen (hier könnte man Cécile Bourne oder Robert Fleck nennen). Auch die Interaktion mit dem Publikum oder externe Interventionen waren uns wichtig.

Unsere erste Programmausstellung fand am 4. Oktober 1997 statt und hieß „Ne me quitte pas“. Neben der Liebesthematik, die ich für meine Installation absichtlich wörtlich genommen hatte, ging es da um die kulturelle Entwurzelung der Raumbetreiber.

 

Du hast vorhin behauptet, dass bei der Gründung von Glassbox die französische Kunstszene eher kommerziell oder institutionell ausgerichtet war. Hast du, 15 Jahre später, das Gefühl, dass sich etwas verändert hat und dass autonome Präsentationsmodi an Gewicht gewonnen haben ?

Die semi-autonomen Ausstellungsstrukturen haben sich auf jeden Fall vermehrt, und dies in der Provinz noch stärker als in Paris selbst – vielleicht, wie damals schon, aufgrund der hohen Mietpreise in der Hauptstadt. Die Förderungsmodi haben sich jedoch wenig verändert und sind nach wie vor beschränkt…

Wenn man die heutige Pariser Projekträume betrachtet, merkt man, dass sie nicht mehr so lange bestehen bleiben wie damals und dass ihre Laufzeit sehr von der freiwilligen Energie abhängt, die jeder im kollektiven Projekt zur Verfügung stellt. Soviel ich weiß, haben sich viele Akteure der Szene irgendwann dazu entschieden, mehr für ihre eigene Arbeit zu tun oder irgendwelchen bezahlten kuratorischen Tätigkeiten nachzugehen.

Um deine Frage zu beantworten, kann man sagen, dass sich nichts verändert hat. Bis auf die Tatsache, dass die Zahl an echten selbstorganisierten Strukturen abnimmt, während institutionelle oder institutionalisierte Strukturen, die einen Off-Modus aufweisen aber dessen Kuratoren und Leiter sich von der öffentlichen Hand bezahlen lassen und institutionsabhängig sind (deshalb nenne ich sie „semi-autonomen“), gedeihen.

Wie, wann und warum ging das Glassbox-Abenteuer zu Ende ?

Mein Beitrag zum Projekt hörte 1999 auf, als ich mein Diplom der Beaux-Arts absolvierte und mehr Zeit für die eigene Arbeit benötigte. Ich hatte bereits vieles ins Glassbox-Unternehmen investiert. Zudem gab es Streitereien im Team wegen einer Frau (meiner damaligen Freundin, wohlgemerkt, die mich für ein Vereinsmitglied verließ…) und ich dachte mir, dass es eine günstige Zeit wäre, meine symbiotische Beziehung zum Projekt abzuschließen. Danach wechselte das Team regelmäßig; neue Persönlichkeiten wie Dominique Blais oder Julien Fronsacq kamen hinzu. 2006 musste Glassbox die Räumlichkeiten in der rue d’Oberkampf verlassen, blieb lange raumlos und hat sich wohl vor kurzem in der rue Moret eingenistet. Viele der damaligen Gründungsmitglieder sind übrigens  aus der Kunstproduktion oder –vermittlung ausgestiegen.

Im Gespräch mit Bülent Gündüz vom 360 Grad Blog

Auch wenn es manchmal den Anschein hat, Kunst und neue Medien finden im deutschsprachigen Raum derzeit nicht nur in Berlin statt. Obwohl die Konzentration von Blogs, Plattformen, Communities und anderen Onlineprojekten mit Kunst und Kulturbezug dort derzeit wohl unbestritten am höchsten ist. Aber – und das ist der Punkt – auch an anderer Stelle entwickeln sich innovative Projekte mit Pioniergeist und dem Anspruch neue Wege zu gehen. Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn und das beschauliche Friedrichsthal sind solche Orte, denn dort entstehen die Ideen für den 360-grad-blog.de des Journalisten, Kunstkritikers, Beraters, Kurators und Bloggers Bülent Gündüz.

Und weil man das Rad nicht immer wieder neu Erfinden muss, und das Kopieren und Zitieren eine uralte Kulturtechnik ist die im Netz zu ungeahnter Blüte reift, greife ich an dieser Stelle kurzerhand auf Wikipedia zurück um den Mann kurz vorzustellen.

Gündüz ist der Sohn eines Türken und einer Deutschen. Er wurde in Saarbrücken geboren und wuchs in Friedrichsthal (Saar) auf. Nach dem Besuch des Gymnasiums und der Ableistung des Zivildiensts studierte er Rechtswissenschaften. Nach Abschluss des Studiums begann Gündüz als freier Journalist für Zeitungen. Gündüz volontierte beim Kunstmagazin Artsjournal, war dort Redakteur und Ressortleiter und ist seit einigen Jahren freiberuflich für Magazine und Tageszeitungen tätig. Gündüz gilt als Experte für die Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere für den Abstrakten Expressionismus. Seit 2009 ist Gündüz auch als freier Kurator und Ausstellungsberater tätig.

Hinzuzufügen wäre noch, dass der von ihm geführte 360-Grad-Blog seit 2006 existiert, damit zu den ältesten deutschsprachigen Kunstblogs gehört und der Autor selber, da 1971 geboren, noch ein Paar Jahre mehr auf dem Buckel hat. Aktuell arbeitet Bülent Gündüz an seinem ersten Buch, einer Biografie über den Maler Jackson Pollock.
Wir freuen und bedanken uns dafür, dass er sich dennoch die Zeit genommen hat die Fragen so ausführlich zu beantworten.

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Auf den Spuren der Metamoderne – mit 8000PS

Der Begriff der Metamoderne ist virulent, dient als dynamische Metapher und Container oder einfach nur als letzter Haltegriff für uns Heute, die wir über das nachdenken was um uns herum geschieht.
Dabei ist die eigentliche Bedeutung der Metamoderne derzeit noch gar nicht von Bedeutung. Zuerst einmal klingt der Begriff einfach gut, weil optimistisch, nach Mehr und nach dem, was Dahinter liegt. Metamoderne klingt nach etwas was für unsere Kultur aktuell nur schwer Vorstellbar ist. Metamoderne klingt nach der Zukunft.
Angesichts der täglich reaktionärer und – das ist ja der wahre Skandal – immer fantasieloser werdenden Entscheidungen einer Politik die sich den Namen nicht mehr recht verdienen will, gibt es nur wenig was wir derzeit so gut gebrauchen können wie diese.


Johannes Thies, Autor aus Köln, gehört zu denen die der Metamoderne bereits jetzt aktiv nachstellen. Er greift dabei auf das vom ihm und Kai Erdmann (Powergallery Hamburg) entwickelte Format des Non-Interviews zurück.
Das Non-Interview ist eine spezielle Form des Interviews, welches er am 31.07.2010 um 17:14:05 mit den Worten „sprachmemo instagram gratislover lederhose“ umschreibt – natürlich per E-Mail.
Als exemplarisches Interviewformat einer Metamoderne unterliegt diese Definition aber, wie alles andere auch, dem Wandel. Und so gilt nur wenige Minuten zuvor, am 31. Juli 2012 17:06:52 „Das Non-Interview ist der gleichermassen verzweifelte wie extrem selbstbewusste Versuch, die Ahnungen zur Metamoderne in einen wie auch immer gearteten Æther zu bringen. Die einzigen, vaguen Bestimmungen sind: das Non-Invterview ist (wie auch die gesamte Metamoderne) völlig ohne Richtung, brutal sachlich, total im Jetzt und jederzeit global.

Und wer nun einen Eindruck davon bekommen möchte wie sich das anfühlt, klickt nachfolgend das 4:50 Min lange Non-Interview zur Metamoderne, aufgenommen am 21.07.2012 etwa um die Mittagszeit bei voller Fahrt auf einem 8000PS starken Speedboat zwischen Wien und Bratislava. Durch das Gespräch führt Johannes Thies, in weiteren ergänzenden Rollen zu hören sind Götz Gramlich, Kai Erdmann und ich.

[audio:http://www.perisphere.de/wp-content/sounds/metamoderne_1-21_07_2012-speedboat_wien_bratislava.mp3]

Wenn Sie diese Aufnahme nicht über unsere Webseite hören wollen, können Sie diese selbstverständlich gerne herunter laden. Das mp3-file steht unter der Creative Commons License CC BY-NC 2.0 zum Download bereit.

metamoderne_1-21_07_2012-speedboat_wien_bratislava.mp3

 

Im Gespräch mit Anna-Lena Werner von artfridge

Die in Berlin lebende Anna-Lena Werner ist die zweite Gesprächspartnerin in unserer Interviewreihe mit deutschen Kunstbloggern, und bildet auch direkt eine Ausnahme. Denn der von ihr, mit Unterstützung von Amy Sherlock, geführte Blog Artfridge ist zwar stark in Berlin verortert, publiziert aber überwiegend in englischer Sprache. Der Themenschwerpunkt der Berichterstattung liegt auf dem Rheinland, Berlin und London.
Die Entscheidung für den internationalen Auftritt ist allerdings nicht nur strategisch bedingt, sondern hat durchaus persönliche historische Gründe. Anna-Lena hat selber lange Zeit in London gelebt und gearbeitet. Eine ihrer Redakteurinnen, Amy Sherlock ist nach wie vor dort. Ursprünglich stammt die leidenschaftliche Bloggerin aber aus Köln, also ganz aus unserer Nähe. Dem Rheinland ist sie dadurch immer noch verbunden und hat deshalb die Kunstszene hier nach wie vor gut im Blick.

Im Frühjahr diesen Jahres wechselte Sie aus der Rolle der Beschreibenden in die Rolle der Organistorin und Kuratorin, unter dem Titel “Untitled (Absence)” realisierte sie bei Savvy Contemporary eine Ausstellung mit Lela Ahmadzai aus Afghanistan und dem gebürtigen Dänen Lars Bjerre. Trotz ihrer Aktivitäten und Projekte hatte Sie freundlicherweise Zeit uns ein paar Fragen zu beantworten.

Anna-Lena Werner | artfridge.de

FK: Welche Ausstellung war für Dich besonders wichtig und warum?

ALW: Im Frühling 2005 habe ich im Hamburger Bahnhof in Berlin die Präsentation von Friedrich Christian Flicks Sammlung gesehen. Das war so mit das erste Mal, dass ich so viele gute zeitgenössische Kunstwerke geballt in einem Museum betrachten konnte. Ich war völlig fasziniert von Paul McCarthys Videoinstallation ‚Saloon Theatre‘. Seine Arbeiten haben mich noch Jahre später beschäftigt – ich habe auch viel über ihn geschrieben. Für mich war diese Ausstellung wie eine Tür zur Kunstwelt, die sich ganz plötzlich öffnete. Alle hingen sie da: Cindy Shermans Fotografien, Bruce Naumans Installationen, Arbeiten von Nam June Paik, Peter Fischl und David Weiss, Martin Kippenberger, Pipilotti Rist und vielen anderen. Seitdem ist der Hamburger Bahnhof mein Lieblingsmuseum – die Räume dort haben eine ganz eigene Mystik.
Auch fasziniert hat mich „The Killing Machine and Other Stories“ im MACBA in Barcelona. Das war 2007. Diese Sonderausstellung von dem Sound-Installations-Künstler-Duo Janet Cardiff und George Bures Miller war so schockierend wie radikal. Man versinkt in eine völlig abstrus-anti-utopische Welt. Ohne tatsächliche Gewalt zu zeigen, ruft die durchchoreografierte Installation „The Killing Machine“ die tiefsten Ängste und Phobien hervor. Alle Sinne sind für diese Zeit vollständig auf das Werk konzentriert.
Mit der Bewertung von wichtigen und unwichtigen Schauen halte ich es also wirklich simpel: Wenn ich mich nach Jahren noch so scharf an Ausstellungen erinnern kann, wie an diese beiden, dann haben sie zumindest einen großen Eindruck hinterlassen.

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Im Gespräch mit Matthias Planitzer vom Kunstblog Castor und Pollux

Das nachfolgende Gespräch bildet den Auftakt einer neuen Reihe bei perisphere, in welcher wir in loser Abfolge die Kunstbloggerszene im deutschsprachigen Raum beleuchten werden. Den Anfang machen wir mit einem Interview mit dem Berliner Matthias Planitzer vom Castor & Pollux-Blog.

Matthias startete mit seinem Projekt im Januar 2009 und gehört damit nicht mehr ganz zu den Pionieren, aber mittlerweile immerhin doch zu den fest Etablierten unter den deutschsprachigen Kunstblogs, sein Schwerpunkt liegt von Beginn an auf dem Kunstgeschehen in der Hauptstadt Berlin. Mitte diesen Monats wurde die kontinuierliche Arbeit offiziell gewürdigt, Castor & Pollux wurde in Hamburg mit einem Lead-Award ausgezeichnet. Die Auszeichung wird übrigens heute Abend in Berlin in der Kim Bar gefeiert.

Matthias Planitzer ist vielseitig interessiert und äußerst umtriebig. Er studiert Medizin, ein Studium welches laut eigener Aussage mit kurzen Lücken von Kleinauf sein Berufs- und späterer Studienwunsch war, gründete aber parallel dazu gemeinsam mit Sol­veig Maria Ebbing­haus die Kommunikationsberatungsagentur Ebbing­haus Pla­nit­zer — Art Con­sul­tancy. Zusätzlich zu den Texten und Rezensionen in seinem eigenen Blog schreibt er einmal im Monat für das Kunst-Magazin und unterhält noch ein eher experimentelles Online-Projekt unter dem Titel Ganymed, in dem es ihn um die Verbindung von bildender Kunst und Literatur geht.

Matthias Planitzer | Castor & Pollux

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Katrin Herzner zeltet in Berlin in der Abteilung für alles Andere

1200 km Luftlinie ist Katrin Herzner für ihr Kunstwerk OST mindestens gewandert. Sie versucht so gerade wie möglich zu laufen – per Kompass nach Osten – um zu sehen, was passiert und herauszufinden, wie weit man kommt. Begonnen hat sie die erste Etappe in Freiburg im Breisgau im Herbst 2010. Vor wenigen Wochen endete die fünfte Etappe in den ukrainischen Karpaten. Die Fortsetzung folgt in Teil VI voraussichtlich im Herbst 2012.
Während den Wanderungen lässt sich das Geschehen jeweils ausschließlich per Audio-Live-Übertragung per Telefon mit verfolgen.

In diesem Sommer sucht Katrin Herzner unterdessen Plätze zum Zelten im Innen- oder Außenraum, in Deutschland und seinen Nachbarländern. Sie zahlt dafür mit einer Arbeitsstunde pro Tag für Tätigkeiten aller Art. Vom 11. bis zum 19. Juni hat, oder vielmehr hatte, Katrin Herzer ihr Zelt in der Abteilung für Alles Andere aufgebaut.

Abteilung für alles Andere, Berlin

Katrin Herzner zeltet in der Abteilung für alles Andere in Berlin

Katrin Herzner schreibt dazu „Ich zelte diesen Sommer, weil es mir momentan widerstrebt, einen Mietvertrag abzuschließen. Zu sehen gibt es in der Abteilung also mein Lager, neue Videos und mich selbst.
Die POSTOST-MONOLOGE,
(ein Programmpunkt der Aktion – Anm. d. Red. ) beschäftigen sich größtenteils mit unterschiedlichen Aspekten von OST – der Wanderung zum Live-Hörbuch von Katrin Herzner. Hier erkläre ich alles, wonach ich üblicher Weise nicht gefragt werde.“

Zelten in Berlin | Abteilung für alles Andere

Zelten in Bremen

Zelten in Aachen

Wir haben Katrin einen Minifragenkatalog geschickt, den sie uns freundlicherweise beantwortet hat.

FK: Welches war das größte und schwierigste Hinderniss welches du auf Deiner Wanderung 1200km überwunden hast?

KH: Es sind 1200 km luftlinie – gelaufen bin ich vermutlich an die 2000 km, weil ich nicht fliegen kann. Dann … Groß und Schwierig sind zwei paar Schuhe. Der höchste Punkt war gerade erst in den Karpaten: ca. 1420 Meter. Das schwierigste bin ich selber und ich bin immer da.

FK: Dir wiederstrebt es einen Mietvrtrag abzu schliessen. Als moderner Mensch ist man auf vielfältige Weise vertraglich gebunden. Wie hälst Du es mit anderen Verträgen, wie KV, Handy, Altersvorsorge?

KH: Ich finde Verträge gut, weil deswegen alles schriftlich geklärt ist. Man sollte bei Bedarf halt prüfen, was man da unterschreibt. Macht im besten Fall Sinn für beide Seiten. Ich will halt nur keinen Mietvertrag unterschreiben. Denn das bedeutet, Miete zu zahlen und diesen Klotz von Zimmer oder Wohnung am Bein zu haben, der die Bewegungsfreiheit einschränkt. Aber man kann sich ja glücklicher Weise aussuchen, ob man einen Vertrag unterschreibt oder nicht.

FK: Was hälst du vom Konzept des Grundbesitz?

KH: Grundbesitz ist Eigentum von Landflächen? Er legt sich wie ein Bild über den Planeten Erde und verändert die Oberfläche – manchmal sehr großflächig, manchmal ganz klein parzelliert. Das ist ganz interessant, da quer durch zu gehen – sich manchmal durch zu mogeln und manchmal aus Respekt oder Schüchternheit einen Bogen zu machen. Ich würde gerne auch Land besitzen. Ich denke allerdings, wenn jemand kommt und eine Linie darüber gehen will, würde ich ihn auf jeden Fall lassen und einen Kaffee kochen.

FK: Cowboy oder Indianer?

KH: Einzelbison.

FK: Das Zelt ist im Rahmen der Occupy-Aktionen zum Symbol einer globalen Protestbewegung geworden, hat das für Dich Bedeutung?

KH: Nein. Für mich ist es mein Haus, und ich kann ganz so mit 1,4 kg meinen Raum erzeugen. Ich frage immer, ob ich an einem Ort zelten darf und bin kein Besetzer. Zelte sind auch Flüchtlingslager, Notlazarette, Rock am Ring, Nomadenhäuser und vieles mehr – das zweite nach der Höhle, schätze ich. Occupy natürlich auch, klar – aber im Verhältnis zum Zelt an sich ist das meiner Meinung nach nur ein kurzer Moment.

FK: Beim aktuellen Projekte tauschst Du Dich eine Arbeitsstunde gegen die Möglichkeit Dein Zelt aufzuschlagen. Warum der Rückgriff auf den Tauschhandel?

KH: Weil ich gerade nicht viel Geld habe und trotzdem nicht schmarotzen will. Das sind auch schöne Jobs … Ich mache da Sachen, die schon lange mal hätten erledigt werden sollen.

FISIMATENT – Katrin Herzner zeltet in der Abteilung für Alles Andere
Ausstellung vom 11. – 19. Juni 2012
Ackerstraße 18, Berlin Mitte
http://www.a-a-a.cc/

http://www.katrin-herzner.de

 

Der MetaAether im Abruch und Demontage

von Florian Kuhlmann (Düsseldorf)

Das Internet ist eine große Schmuddelkiste; es ist Spielplatz für Spanner, Exhibitionisten und Überwachungsfetischsten. In der Show MetaAether werden die zugehörigen Bilder und Geschichten zum Material für die Kunst.
Lukas Breitkreutz, Götz Gramlich und Max Hathaway haben im April bei Abruch und Demontage für eine Woche besagten MetaAether inszeniert. Ich habe mit Götz Gramlich (gggr) per SkypeChat ein Speed-Interview gemacht und mich mit ihm über das Projekt unterhalten.

Im Internet werden wir zu Spannern, zu Zaungästen der Fremden und ihrem fremden Treiben. Im Sitzen vor der heimischen Kiste bleibt alles gemütlich fern – wie aus der Vogelperspektive sehen wir hinab in den Daten-Aether, aus der fernen Sicherheit unserer Home-Cockpits.

fk: Wer oder was ist MetaAether?
gggr: Der aether ist für uns synonym vom netz, von der information die um uns fleucht. meta heisst nicht nur ueber sondern auch mitten insofern ist metaaether, ein bestandsaufnahme des istzustandes des netzes allerdings leuchten wir nur eine sehr kleine, dunkle ecke aus, zumindest im roten part.

fk: Die Show bestand aus drei Arbeiten. Dem Wühltisch, dem Wandfresko und den Leuchtkästen. Richtig?
gggr: … und dem Diaraum.
fk: war das der raum hinter dem wandbild?
gggr: nein, ein extraraum-mit einem alten carousel diaprojektor.
fk: Dann beginnen wir doch einfach mit dem Krabbeltisch, was lag auf da drauf, was gab es da zu wühlen?
gggr: wir haben ueber 1000 bilder aus dem netz geerntet und diese auf fotopapier ausbelichtet. die wurden nummeriert. etikettiert und kamen in den krabbeltisch.
fk: die leute konnten sich die bilder mitnehmen?
gggr: das war so gedacht, ja. wir wollten die anonymen fremden aus dem netz reissen und auf reise gehen lassen.

fk: Ihr arbeitet viel mit recht intimen Bilder von Leuten. Wo habt ihr die Bilder eigentlich her?
gggr: Das ist das kernthema vom metaaether red. der öffentliche zugang zu den intimsten privatsphären. die bilder sind alle von seiten, die öffentlich (ohne einloggen etc) zugänglich sind.
fk: Kannst du ein paar webseiten nennen?
gggr: Zum beispiel submityourex, guesshermuff und wie sie sonst noch alle heissen. Ich denke, die meisten menschen auf all den bildern, wissen gar nicht, dass sie (im netz) öffentlich zur schau gestellt werden. vielen unterstelle ich moralisch einwandfreie absichten hinter ihren selbstschuessen und -posen. sie wollen gefallen, anderen ihre zuneigung beweisen, anziehend wirken. das sie dann später vom gehörnten ex o.ä. in den aether gespeist werden, ahnen wahrscheinlich die wenigsten vorab.

fk: Wissen die Personen auf den Bildern von dem Projekt?
gggr: Natürlich nicht. wir wissen ja nicht, wer sie sind und was sie wollen. es ist aber interessant zu beobachten, was passiert, wenn die bilder in der realität, dem aether entrissen, anrichten. z.b. wenn so ein bild mal im zugabteil liegt. oder auf einem waldweg.
fk: hast du ein beispiel für eine beobachtung?
gggr: beschämt, belustigt, abstossend. andere erzählten mir, es gab aerger mit den eigenen frauen.
fk: warum?
gggr: nun, erklär mal deiner frau, die bilder anderer frauen in deiner tasche. oder auf deinem schreibtisch.
fk: 🙂
gggr: sie greifen so in unser leben ein. naja, das ist ein schöner nebeneffekt vom grabbeltisch.
gggr: letzten endes ging es aber darum: dem tisch zu widerstehen. was niemand konnte.
gggr: da kamen echte wsv-gefuehle auf. in 2 reihen gedraenge und gewuehle. senioren die sich stapelweise pix einstecken. junge maedchen die sich ueber errigierte glieder amuesieren und sie ganz schamlos mit nehmen „fuer meine freundin“ hoert man.

fk: würdest du sagen der spannerblick ist im netz normaler als im alltäglich umfeld?
gggr: dachte ich immer. letzten endes ist dieses grabbeln ja nichts anderes als bilder klicken im netz.
fk: ja. das netz hat schon irgendwie was billiges, wie ein wühltisch…
gggr: ein endloser wuehltisch. wir haben einfach mal ein stueck abgeknapst und realisiert.

fk: um was gehts bei dem großen wandbild?
gggr: das wandbild ist eine doppelwand. vorne ein riesenbild mit typischer pose: bild mit digicam durch den spiegel auf sich selbst
fk: Was sieht man durch das Guckloch?
gggr: dahinter, die gleiche person. nackt. in tausendfacher ausgabe. repetiert. ins unendliche. der blick geht wohlbemerkt durch den sucher der cam.
fk: invertiert. in den kopf der frau?
gggr: nun, sobald sie den auslöser drückt, und sich selbst uploaded, schiesst sie ihr selbst in den aether, frei unendlich oft kopiert und verlinkt zu werden. eine art unsterblichkeit. fluch und segen. viele fragen.

fk: Was für Bilder sind auf den Leuchtkästen zu sehen?
gggr: Das sind jeweils bilder der gleichen person. in verschiedenen „zuständen“. brav, privat angezogen und nackt, wohllustig, offen fuer alles. fuer uns war auch das jeweilige setting des bildes interessant-in den kaesten wie im wuehltisch. oft erhascht man einen blick auf das interieur, elemente des lebens. buecher, toiletten, plfegemittel usw. und sofort faengt man an, geschichten um die menschen zu stricken. sind sie europaer? was lesen sie? was ist das in der ecke? warum ist die frau auf allen vieren vor der toilette? wir versuchen vertrauter mit ihnen zu werden, indem wir versuchen mehr ueber sie zu erfahren. aber wollen wir das?


gggr: Bei der menge der bilder ist es auch klar, das oft ungewollte, sehr kunstvolle kompositionen entstehen. auch die galt es zu entdecken. fast eine art spiel. viele details der bilder haben wir nochmal extrahiert, die gab es auf dias zu sehen.
zusammen mit kommentaren von den jeweilgen sites-zu bildern. die auch sehr viel ueber die rezipienten erzählen. diese gepaart mit den bildern und eigener prosa, waren die inhalte der dias im diaraum. mit einem gewissen abstand zueinander, was eine schoene raeumliche wirkung ergibt.

fk: ist das abbruch und demontage eine feste location in mannheim oder war das temporär?
gggr: seit längerem temporär. keine ahnung wie lange noch?

fk: Wer war jetzt beim dem Projekt eigentlich dabei? Seid ihr eine feste Gruppe oder hat sich das so zusammen gefunden?
gggr: das hat sich so ergeben. die beiden jungs, lukas breitkreutz und max hathaway sind in einer grupe aktiv: einkollektiv.de. mir haben ihre arbeiten immer sehr gut gefallen. meine ihnen wohl auch, ein dritter hat uns dann mal zusammengebracht. hat sauviel spass gemacht.

fk: Habt ihr ein nächstes Projekt in der Planung?
gggr: Wir wollen noch einen aether green und blue machen, damit sich der kreis schliesst.
fk: RGB…
gggr: green wird evtl volldigital, worauf wir bei red absichtlich verzichtet haben. aber mal schauen, erstmal durchatmen.
fk: Jetzt mal durchatmen ist nur euer gutes recht. wir sind auf jeden fall gespannt wie es weiter geht, wünschen euch alles gute und bedanken uns für das gespräch.
gggr: freu mich auf deinen beitrag, danke dir fuers interesse.

Fotos: Götz Gramlich

METAÆTHER RED
Lukas Breitkreutz, Götz Gramlich und Max Hathaway
14.04.2012 – 21.04.2012
Abbruch und Demontage
Luisenring 16 / Mannheim
http://abbruchunddemontage.wordpress.com/

Ein Facebook Interview mit Philipp Meier – 96 Jahre Dada

Das Cabaret Voltaire in Zürich ist ein legendärer Ort. Von Hugo Ball und Emmy Hennings am 5. Februar 1916, also heute vor 96 Jahren gegründet, ging von dort einer der einflussreichsten künstlerischen Impulse des 20. Jahrhunderts aus. Im Umfeld des Cabaret Voltaire entwickelte sich DADA und verbreitete sich dann rasend schnell über den Globus. New York, Paris, Berlin und Köln wurden im Zuge dieser revolutionären Entwicklung zu weiteren wichtigen Zentren dieser Idee.
„Im Wesentlichen war es eine Revolte gegen die Kunst von Seiten der Künstler selbst, die die Gesellschaft ihrer Zeit und deren Wertesystem ablehnten. (Wikipedia) „.
Für all die Leser, die die damit verbundenen Ent- und Verwicklungen noch mal kurz auffrischen möchten, bietet der verlinkte Wikipedia-Artikel einen brauchbaren Einstieg in die kurze Geschichte des DADA.

2004 besetzte die Künstlergruppe Kroesus erneut das Gebäude in der Spiegelgasse 1 in Zürich und knüpfte damit an die Geschehnisse zu Beginn des letzten Jahrhunderts an. Mittlerweile wird das Cabaret Voltaire durch die beiden Co-Direktoren Adrian Notz und Philipp Meier geführt und durch die Stadt Zürich und private Förderer unterstützt. In letzter Zeit gab es im Cabaret Voltaire mehrere Projekte und Veranstaltungen mit dem Ziel die Idee DADA weiter zu denken und sich mit der Frage zu beschäftigen was DADA heute sein könnte.
Wir haben uns mit dem Co-Direktor Philipp Meier über die vergangenen und aktuellen Projekte per Facebook-Timeline unterhalten. Das Gespräch ist so weit möglich in der Originalfassung belassen worden. Die Einschübe einiger, Ihnen eventuell unbekannter, Autoren sind Facebook-Freunde des Cabaret Voltaire, die sich so an dem Gespräch beteiligten.
Wir wünschen viel vergnügen beim Lesen.
Kurz lebe ADAD!

96 JAHRE DADA – A COFFEEBREAK OF A REVOLUTION

voina und philipp meierdie russische kunstaktivistengruppe voina und philipp meier im cabaret voltaire

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