Unbekanntes Dokument
Ein Text von Johannes Thies
(english translation below)
Wir alle fragen uns schon länger, wann beginnt sie denn eigentlich, diese viel besprochene Metamoderne? Beziehungsweise, wann hat sie die denn aufgehört? Oder ob sie jemals wieder ein Ende finden wird.
Fakt, alt-right Postfakt oder neuzeitlich non-Fakt, ist allerdings, dass sie recht schwer zu fassen ist, diese Metamoderne, mehr noch, dass sie ein höchst unbestimmtes Konstrukt bleiben muss, will und wird, beziehungsweise war.
Womit wir umgehend bei zwei ihrer Hauptbestimmungsmerkmale angekommen wären, wir können es ja doch nicht lassen, mit dem bestimmen wollen.
Beide sind gleichermaßen ungreifbar, Gas und Gefühl, Zeit und Geld.
Ohne, kämen wir ohne diese beiden überhaupt klar?
Die Metamoderne stellt mehr Fragen als sie beantworten könnte. Push, push a little harder, then let go. Oder so ähnlich, irgendwie und im Prinzip ganz klar.
Was mir in der Zwischenzeit eben so in den Sinn gekommen ist.
Die Metamoderne, das wäre vielleicht eine sinnige Ergänzung zu ihren bisherigen Konstruktionen, ist unter Umständen eigentlich so etwas wie eine Zwischenzeit oder Zwischenablage.
Ein unbekanntes, noch zu beschreibendes Dokument. Mit Hartmuts Worten: es geht überhaupt nicht um die Zeit. Es geht nur um den Fluss.
So in Geld, so in Information, so in Scheiße, dann jedoch einigermaßen bedenklich, zur Sorge anregend, so wie das Geld, die Zeit, die Metamoderne.
Die Metamoderne beschränkt sich nicht alleine auf die Computerwelt. Schuldzuweisungen sind völlig unangebracht, sie hat aber sehr wohl etwas damit zu tun.
Die Digitalisierung, nach McLuhan Elektrifizierung der Welt, der Übertritt aus dem Gutenberg-Universum, der vorherrschenden Kulturtechnologie der letzten Eintausend Jahre, könnte aber sehr wohl als ihr Impuls oder Auslöser angesehen werden.
Die Metamoderne, so wie ich sie verstehen möchte, hat diesen Impuls und Auslöser nahtlos verinnerlicht, so wie das kleine Kind leichtes Spiel mit dem digitalen Handgerät hat.
Hier wird es dann, endgültig und endlich, total metamodern, durch den natürlichen Ausdruck des ewigen Selbst im Jetzt. Ist das einigermaßen nachzuvollziehen?
Ancient Future Now, das ist aber wohl der Name einer Technoparty oder eines Musiklabels oder sowas, aber eben auch sehr gut gewählt.
Eine Verbindung von Himmel und Erde mittels eines Haiku aus dem Æther.
Metamoderne braucht oder ist Æther, Fleisch und Geist zur gleichen Zeit, am besten immer alles zur gleichen Zeit machen.
Metamoderne als eine Lehre von Gleichgewicht, Abstand und Timing, das wiederum ist dem Aikido entliehen.
Metamoderne als Fest des Vergessens, der absoluten Jetztzeitigkeit in der ewigen Tabelle, ein assoziatives Universum oder schwarzes Loch.
Metamoderne als völlig gekünsteltes Konstrukt, in der Hoffnung vielleicht, seinen Namen darunter schreiben und in irgendeiner farbenfrohen Zukunft sogar mal ein paar Scheine abgreifen zu können.
Metamoderne, und zwar ohne jeden Zweifel, ist mehr noch als alles andere, ein Zeitalter der Widersprüche. Und der Hysterie, wie Rimmberger schon 2011 zu sagen wusste.
Rimmberger, der gelebte Widerspruch in seiner ganz eigenen Hauptstadt, Rimmberg.
Keine Metamoderne ohne Rimmberger. Dazu mehr an anderer Stelle.
Metamoderne als Zeit, in alles mit allem verbunden werden kann, global und jetzt. Keine Verbindung wäre zu widersprüchlich, was hat man noch nicht gesehen, zu welchen Überraschungen kann es denn überhaupt noch kommen.
Ein Weltkrieg vielleicht, das käme einigermaßen überraschend, oder auch nicht mehr, ein Vulkanausbruch schon eher, stand aber auch schon in der Zeitung. Ein Asteroid, das wär’s, ohne jede Vorwahnung, Freudscher Versprecher, BÄÄÄHMMM!
Oder die plötzliche Erkenntnis, eine Jesus-Erscheinung oder sowas in der Art, unter dem indischen Himmel Westamerikas, in der immer wieder letzten Nacht dieses nicht enden wollenden Sommers.
Reine, unmissverständliche, widerspruchsfreie Information ÜBER die Metamoderne, zu ihrem ganz eigenen Meta, ihrer Deutungsebene, die sie doch selbst sein will.
Metamoderne ist, kann ja nicht anders als die pure Selbstreflexion sein, der reinste Selbstbeschiss, der Ourobros des Wissens.
Die Widersprüche gehen in den Menschen über oder drücken sich erst durch ihn aus, in Menschen wie Rimmberger und natürlich auch mir selbst. Er zerreißt den Menschen, dieser immanente Widerspruch, es sei denn, der Mensch fühle sich durch ihn inspiriert und übt sich täglich an seiner Auflösung, als die unendlich wiederkehrende Arbeit des Sisyphos.
In der Metamoderne geht alles ziemlich schnell, das ist nichts Neues. Genauso schnell erlangt man auf diesem Wege ganz natürliche und gleichermaßen uralte Erkenntnisse und Schwergewichte. So möchte man zumindest glauben.
Denn diese Art von Erkenntnissen liegt einem nicht unbedingt zu Fingern, eher handelt es sich um Blockaden, von denen man selbst noch überhaupt keine Ahnung hat.
Das klingt einigermaßen esoterisch, ein weiteres, häufig wiederkehrendes Attribut der Metamoderne, bedingt und gefördert durch ihre unbestimmte Art und Weise.
Die unbedingte Sehnsucht nach Deutung und Bedeutung, das Hereinlesen von Deutungen und Zusammenhängen in eine scheinbar völlig losgelöste Welt. Sehen also, was man sehen möchte, am besten und nur mit dem Herzen.
Doch nichts anderes ist die Esoterik, präzise an der Schnittstelle von Wahn und Wahrhaftigkeit, the writing on the wall and everything counts in large amounts.
Die Herstellung von Verbindungen, die Kunst der Informationstechnologie.
Besser kann ich die Metamoderne im Moment nicht beschreiben.